CDU fügt sich nur unwillig

Steuerliche Gleichsetzung der Homoehe bleibt tabu, bis Karlsruhe sie erzwingt

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Union Mühe, die von ihr verteidigte Bevorzugung der traditionellen Ehe zu rechtfertigen. Doch vorerst bleibt es dabei, Angela Merkel hat ein sogenanntes Machtwort gesprochen.

Zentimeterweise muss die Union von ehernen Prinzipien abrücken. Ob Atomenergie oder Homoehe - die Wirklichkeit fordert ihren Tribut. In mehreren Urteilen hatte das Bundesverfassungsgericht die Rechte lesbischer und schwuler Paare gestärkt. Auch das Recht auf eine Adoption des Kindes, das zuvor der gleichgeschlechtliche Partner adoptiert hat, ist juristisch nicht mehr zu bestreiten, nachdem Karlsruhe dies höchstrichterlich festgestellt hat. Man werde dieses Urteil selbstverständlich umsetzen, versicherte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe nach einer CDU-Präsidiumssitzung am Montag in Berlin. Ein Entgegenkommen in Sachen steuerlicher Gleichstellung, wie sie nach diesem Karlsruher Urteil folgerichtig scheint und auch in den eigenen Reihen bereits diskutiert wird, wird es jedoch vorerst nicht geben. Entsprechende Vorstöße hat die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf der Veranstaltung zuvor gestoppt. Zumindest für die Öffentlichkeit. Denn es ist abzusehen, dass eine Fortsetzung der Debatten nicht lange auf sich warten lassen wird. Im Frühsommer wird die nächste Entscheidung in Karlsruhe erwartet. Über die steuerliche Gleichsetzung eben.

Vorerst hält Merkel, hält die CDU-Führung an den bisherigen Beschlüssen fest. Das im Vorfeld der Sitzung von Merkel vorausgesagte Machtwort ist gesprochen. Und das heißt, dass sich vorerst nichts ändert. Auf einem Parteitag erst im Dezember war eine Ausweitung des Ehegattensplittings auf eingetragene Lebenspartnerschaften abgelehnt worden. Merkel kommt dabei auch der CSU entgegen, die auf ihrer Haltung beharrt. »Wir sehen da überhaupt keinen Handlungsbedarf«, sagte ein Mitglied der engeren Parteispitze der dpa nach einer Präsidiumssitzung in München. »Die Position der CSU ist völlig klar, nicht proaktiv irgendetwas zu ändern.«

Gröhe machte allerdings deutlich, dass eine stärkere Förderung von Kindern etwa über höhere Freibeträge weiter diskutiert werde. »Wir entdecken nicht das Familiensplittung aus Anlass dieser Diskussion.« Voreilig erscheint es der Unionsspitze aber offenbar, Gesetzesinitiativen einzuleiten, bevor Karlsruhe vollendete Tatsachen geschaffen hat.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl verwies darauf, dass es inzwischen eine »gefestigte Rechtsprechung« gebe. »Deswegen ist es ein richtiger und guter Zeitpunkt, dass wir diese Debatte intensiv führen«, sagte der baden-württembergische CDU-Chef. Die rheinland-pfälzische Landeschefin Julia Klöckner, ebenfalls Bundes-Vize, sagte, homosexuelle Paare hätten Pflichten und müssten daher auch Rechte bekommen. »Es ist logisch schwer zu erklären, warum eingetragene Lebenspartnerschaften dann auch nicht steuerliche Gleichstellung bekommen.«

Die CSU bekräftigte ihr Nein zu einer vollen Gleichstellung. Nur wenn das Verfassungsgericht andere Vorgaben machte, würde man darüber nachdenken - vorher nicht. Die FDP rief die Union dagegen zu einer schnellen Lösung zur steuerlichen Gleichstellung auf. »Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass es richtig ist, als Gesetzgeber zu agieren und nicht als Entgegennehmer von Urteilen«, sagte Generalsekretär Patrick Döring. Der Koalitionspartner müsse die »Lebenswirklichkeit akzeptieren«. (mit dpa)

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