BRICS suchen durchschlagenden Erfolg

Brüsseler Konferenz offenbart Konkurrenzängste zwischen EU und aufstrebenden Volkswirtschaften

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die prosperierenden Nationen in der Welt, die seit 14. April 2011 als BRICS-Zusammenschluss bekannt sind, werden auch für die EU immer interessanter.

BRICS - dieses Akronym steht für Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Fünf aufstrebende Wirtschaftsmächte oder Schwellenländer, wie man sie auch gerne nennt, die seit ein paar Jahren in einem mehr oder weniger lockeren Bund zusammengeschlossen sind und darin fast drei Milliarden Einwohner vereinigt: Was bedeuten sie für die bisherige Weltordnung, für die EU, für die USA?

Auf diese Frage wollte eine Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Brüssel Antwort geben. Und wenn auch die Teilnehmerzahl mit gut 40 Personen relativ bescheiden ausfiel, wurde die Veranstaltung zumindest von den BRICS-Staaten ziemlich ernst genommen: Alle Länder waren vertreten. Aus Brasilien nahm ein hoher Regierungsberater teil, China schickte gleich mehrere Wissenschaftler und Mitglieder des Zentralkomitees nach Brüssel. Spontan, weil sowieso auf Europareise, gab der stellvertretende chinesische Minister für Außenbeziehungen ein Gastspiel. Alles Ausdruck dafür, dass die Betroffenen eine Tagung über sie in Brüssel beachtenswert finden.

Nicht verwunderlich, bei dem, was über die Staaten gesagt wurde. Schon der Eröffnungsabend barg Sprengstoff. Michael Emerson von der Brüsseler Denkfabrik Centre for European Policy Studies zeichnete ein vernichtendes Bild von der Zukunftsperspektive, die BRICS in der Weltpolitik hat. Alle Länder würden für sich genommen schon große Defizit aufweisen. Die Wirtschaft Brasiliens gehe zurzeit den Bach runter. Infrastruktur, Bildungswesen, Produkte für den Weltmarkt - alles Mangelware. Russland sei mit sinkender Bevölkerungszahl und einem fragwürdigen politischen System auf keinem guten Weg. Südafrika habe als mittelgroßes Land riesige Probleme im Inneren, Indien durch seine komplexe Gesellschaftsstruktur genauso, obwohl das Land in den vergangenen zehn Jahren große Fortschritte gemacht habe. Und China? Unverkennbar habe das Land den Wechsel vom Kalten Krieg zu heute besser geschafft als Russland. Aber die Konflikte mit den Nachbarn sorgten für Unruhe.

Aber auch zusammen seien die BRICS keine Einheit. Eine gemeinsame Politik fehle. Die Partner seien zu ungleich, hätten zu unterschiedliche Interessen.

»Mit so einer Sichtweise sind wir hier in Brüssel häufig konfrontiert«, ordnete Klaus Sühl, Leiter des Brüsseler Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, diese Meinung ein, die im Übrigen von keinem der Anwesenden geteilt wurde.

Ganz im Gegenteil: Emersons Analyse sei arrogant, beruhe auf überholten Denkmustern und teilweise falschen Fakten. BRICS, so das Fazit von zwei Tagen Diskussion, das sei sehr wohl ein Bund mit gemeinsamen Interessen und der Absicht, es anders versuchen zu wollen, als die bisher dominierenden Mächte nach westlichem Modell. Dass noch nicht alles rund laufe und man sich noch suche, sei doch nicht verwunderlich. Erst 2009 habe es das erste Treffen der Staats- und Regierungschefs gegeben, Südafrika sei sowieso erst ein Jahr später dazu gestoßen.

Als Konkurrent auf den Weltmärkten, vor denen sich die EU und USA zu fürchten habe, sieht man sich nicht. Man wolle niemanden herausfordern und suche keine Konflikte, betonten vor allem die chinesischen Teilnehmer. Sie forderten allerdings eine faire Behandlung durch die EU und USA.

Roland Schäfer vom Europäischen Auswärtigen Dienst bestätigte diese Sichtweise. Natürlich würden Unternehmen aus BRICS-Ländern überall in der Welt plötzlich als Konkurrenten von EU-Unternehmen um Aufträge buhlen. Aber dies sei kein Anlass für Konflikte. zumindest er betonte, dass den BRICS-Staaten natürlich mit Respekt begegnet werden würde.

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