Airports in der Sinnkrise

EU prüft Hilfen für defizitäre Regionalflughäfen

  • Marc-Oliver von Riegen, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Gibt es in Deutschland zu viele Flughäfen? Fest steht: Kleinere Flughäfen können derzeit oft nur mit Staatshilfe überleben.

Mainz/Berlin. Die Regionalflughäfen in Deutschland sind flügellahm. Das liegt aus Branchensicht vor allem an der Euro-Schuldenkrise und der Lage der Fluggesellschaften. Der Staat wird immer wichtiger, um kleinere Flughäfen zu unterstützen. Doch das wird nicht nur durch die Schuldenbremsen in den Ländern erschwert: Die EU-Kommission nimmt derzeit staatliche Hilfen unter die Lupe. Für den Herbst werden neue Leitlinien aus Brüssel für Beihilfen erwartet. Ob das die Existenzfrage für einige Airports stellt?

Im idyllischen Hunsrück startet vom Flughafen Hahn seit 20 Jahren vor allem der irische Billigflieger Ryanair. Rheinland-Pfalz hatte den US-Fliegerhorst zum Zivilflughafen umgewandelt. Die Zahl der Passagiere sank 2012 um vier Prozent auf rund 2,8 Millionen Passagiere, berichtet der Verband ADV. Das Frachtgeschäft schrumpfte nach dem Rekord 2011 um 28 Prozent auf fast 208 000 Tonnen.

Der Flughafen nennt Ticketsteuer und Konjunktur als Gründe. Er steckt in Nöten: Die rot-grüne Landesregierung will rund 80 Millionen Euro Finanzhilfe bis Ende 2014 leisten, weil Kredite fällig werden. Man will nicht, dass der Flughafen ein zweiter Nürburgring wird. Beim Ausbau der Formel-1-Strecke in der Eifel hatte sich das Land übernommen.

Folgen der Eurokrise

Der Flughafen Erfurt-Weimar kämpft ebenfalls mit Gegenwind. Ein prominenter Fluggast, der dort landete, war 2011 Papst Benedikt XVI. Dagegen kehrte Air Berlin dem Erfurter Airport zum Winterflugplan 2011/2012 den Rücken. Für 2012 brachen die Passagierzahlen dem ADV zufolge um rund ein Drittel auf knapp 184 000 ein. Geschäftsführer Matthias Köhn zeigte sich dennoch zuversichtlich, als er den Sommerflugplan 2013 vor einigen Monaten präsentierte. Größter Anteilseigner ist das Land Thüringen. Nur etwas besser erging es dem Airport Weeze in Nordrhein-Westfalen. Er büßte 2012 fast neun Prozent Passagiere ein. Beim Saarbrücker Flughafen waren es rund sechs Prozent.

»Die deutschen Flughäfen spüren deutlich die Folgen der Eurokrise, die schwierige Marktsituation der Airlines und die nationalen Belastungen durch die Luftverkehrssteuer«, sagt der Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, Ralph Beisel. Die Streichung von Flugzielen und Flügen spürten aber vor allem die Regionalflughäfen und die kleineren Verkehrsflughäfen. Er hält sie dennoch für wichtig und verweist auf deren Zubringerfunktion.

Ohne Perspektive?

Die EU-Kommission hat Beihilfen für die Flughäfen Lübeck, Hahn, Altenburg-Nobitz, Zweibrücken, Berlin-Schönefeld, Weeze und München unter die Lupe genommen. Zum Herbst werden neue Leitlinien erwartet, die Klarheit bringen sollen. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia sagte 2012: »Auf der einen Seite ist es unsere Verantwortung, fairere Wettbewerbsbedingungen in der Industrie zu schaffen, auf der anderen Seite muss es den Regionen erlaubt sein, den Transportbedarf der Menschen zu decken.«

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) sorgt sich um die Regionalflughäfen. »Flughäfen können nicht auf Dauer zu Millionengräbern werden«, warnte Präsident Klaus-Peter Siegloch Ende Februar: »Da muss unter dem Strich eine Null stehen.« Der Chef des Ferienfliegers Condor, Ralf Teckentrup, nahm Anfang März bei hr-online kein Blatt vor den Mund: »Ich kenne keinen deutschen Regionalflughafen, der eine prosperierende Zukunftsperspektive hat.«

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