nd-aktuell.de / 22.05.2013 / Politik / Seite 8

Ein Grab für des Menschen Würde

Armenhilfe auf Ungarisch

Gábor Kerényi, Budapest

Ungarns Regierung will ein neues Kapitel der Armenhilfe aufschlagen. Es ist allerdings schwer zu entscheiden, ob für den Gesetzgeber Problemlösung oder Erniedrigung der Betroffenen den Vorrang hat.

Für die verarmte ungarische Bevölkerung stellt ein Todesfall in der Familie eine immer größere materielle Sorge dar. Als Ausweg aus dieser Misere gedenkt die ungarische Regierung, den Betroffenen, was die Kosten des Begräbnisses betrifft, ihre helfende Hand zu reichen. Herausgekommen ist dabei, ganz der Weltanschauung von Ministerpräsident Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz (Ungarischer Bürgerbund) entsprechend, ein ordentlicher Fußtritt gegen die Hilfebedürftigen.

Ein Gesetzentwurf des Innenministeriums reguliert das »kostenfreie« Begräbnis für Bedürftige folgendermaßen: Der Friedhof muss eine gesonderte Parzelle für kostenlose Begräbnisse einrichten, der Staat stellt die »Utensilien« wie den Sarg oder die Urne. Die Fidesz-Philosophie besagt jedoch, dass es nichts umsonst gibt, für alles muss gearbeitet werden - besonders, wenn man arm ist. János Lázár, leitender Staatssekretär des Ministerpräsidentenamtes hat es öffentlich bekundet: »Wer es im Leben zu nichts gebracht hat, der ist auch genauso viel wert, so kann ich es sagen. Dessen Leben ist nicht mehr wert, taugt nicht für mehr.«

Die Gesetzvorlage zum neuen Armenbegräbnis schreibt also vor, dass der Bedürftige als Gegenleistung für das Geschenk des kostenlosen Begräbnisses seine »persönliche Mitwirkung« beisteuern muss. Dazu gehören beispielsweise das Waschen des Verstorbenen, das Anlegen der Totenkleidung, das Ausheben der Grabstätte, die Aufbahrung, die Abschiedszeremonie und auch das Absenken des Sarges oder der Urne in die Grube und das Zuscharren.

Ein Leser der Internetseite der linksliberalen Tageszeitung »Népszabadság« dachte die Sache konsequent weiter und fragte zum entsprechenden Artikel: »Und wann kommt der soziale chirurgische Eingriff?«