Die Echse mit dem Jutebeutel

EDDI-Preisverleihung

Ein Wort reichte aus »und die Leute lagen auf den Bänken in Lachkrämpfen«, sagte Matthias Oehme, Leiter des Eulenspiegel Verlages auf der Beisetzung des Satirikers und Sportkolumnisten Edgar Külow vor knapp einem Jahr. Kein Wunder also, dass 1981 ein Kabarettpreis nach ihm benannt wurde, den er, ohne falsche Bescheidenheit, auch gleich als Erster selbst entgegennahm.

Eine Art Trost sollte er sein, der EDDI. Eine Auszeichnung für alle »Nichtwürdenpreisträger« der DDR, die an Parteilinie und Klassenstandpunkt zielsicher vorbeischrieben, -musizierten und -zeichneten. Ernst Röhl, Heinz Kahlow und Joachim Danneberg bekamen einen. Unregelmäßig wurde er verliehen, dafür war umso sicherer, dass es an einem Freitag, dem 13. geschehen musste. Gestiftet hat ihn Heinz Behling, ja, ausgerechnet jener Künstler, der das Staatswappen der DDR entwarf. Nach 1988 - bis gestern - fiel der EDDI in einen exzessiven Dornröschenschlaf. Allerdings existierte er eine Weile unter gleichem Namen als Auszeichnung des Deutschen Verbandes für Dialogmarketing (Preisträger waren u.a. Galeria Kaufhof und Lufthansa) bis 2010 weiter. Eine gewisse Komik hat er sich also, all die Jahre über, bewahrt.

In seiner Grabrede für Edgar Külow hat Matthias Oehme dazu angeregt, den EDDI neu zu stiften. Und so kam es, dass in diesem Jahr eine sprechende Echse in einem schlammfarbenen Trenchcoat samt Jutebeutel die bronzene EDDI-Statue erhält. Und was diese Echse alles sagt. Mit ihrer urzeitlichen Lebenserfahrung kommentiert sie bissig bis lakonisch alles, was die Menschheit in ihrer bisherigen Existenz an Möglichem und Unmöglichem geleistet hat und zieht dabei genüsslich an ihrer Zigarre.

Hinter der Echse steckt der Berliner Puppenspieler und Comedian Michael Hatzius. Der 30-Jährige hat für seine Reptilien-show bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Deutschen Kleinkunstpreis und den Prix Pantheon. In seiner Laudatio würdigte Schauspieler und Kabarettist Uwe Steimle, laut Redemanuskript, die »Wut im Bauch«, mit der die Echse »gegen jegliches Unrecht, Dummheit, und den vielen alten und neuen Blödsinn auf der Welt, im Lande und auch mal vor der eigenen Haustüre« abrechne. Die gestrige Verleihung im Kino Babylon in Berlin-Mitte sollte gleichzeitig Auftakt zum heute beginnenden Fest der Linken sein.

Und so geht sie also nach 25-jähriger Unterbrechung weiter, die Geschichte eines Preises, dessen Existenz schon allein deshalb gesichert ist, wie Matthias Oehme einst feststellte, weil Deutschland dringend einen Preis brauche, »den Helmut Kohl nie kriegen wird.« Illustration: Peter Muzeniek

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal