Schikanen im Bus, Schikanen am Flughafen

Nur rund 200 Demonstranten gelang es, am Terminal 1 gegen Abschiebungen zu demonstrieren

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Frankfurter Flughafen demonstrierten am Freitag 800 Menschen gegen die Abschiebung von Flüchtlingen und für eine Aufhebung der Residenzpflicht. Doch nur 200 Demonstranten wurden für einen angemeldeten Protestmarsch in das Flughafengebäude gelassen.

Die Behörden hatten zu Beginn der Woche die geplante Demonstration in Terminal 1 auf lediglich 200 Teilnehmer beschränkt. Doch auch diesen verweigerte die Polizei vor Ort zweieinhalb Stunden lang den Zugang. Die Protestierenden, die dem Aufruf eines Bündnisses von antirassistischen Initiativen gefolgt waren, sammelten sich zum Teil im unterirdischen Bahnhof des Flughafens. Rund 500 Demonstranten warteten bis zum Nachmittag zudem vor dem Terminal darauf, in das Flughafengebäude hineingelassen zu werden.

Unter den Protestierenden befanden sich viele Flüchtlinge. Einige von ihnen waren aus dem Flüchtlingscamp auf dem Oranienplatz in Berlin angereist. Am Donnerstag waren sechs Busse mit Blockupy-Demonstranten auf dem Weg von Berlin nach Frankfurt 50 Kilometer vor dem Ziel sieben Stunden von der Polizei aufgehalten worden. In einem Bus saßen rund 50 Flüchtlinge. Weiterfahren durfte schließlich nur, wer sich fotografieren und die Personalien aufnehmen ließ. Die Hälfte der Flüchtlinge erklärte sich damit einverstanden, die andere Hälfte kehrte schließlich um. Alle übrigen Busse wurden durchgelassen.

Nach stundenlangen Verhandlungen wurden am Freitag am Frankfurter Flughafen schließlich 200 Demonstranten in den Terminal gelassen - begleitet von einem Wanderkessel der Polizei.

»Wir fordern die Abschaffung der Residenzpflicht«, rief einer der Sprecher auf der Kundgebung im Flughafengebäude. Aus historischen Gründen hätten er und alle anderen Flüchtlinge das Recht, sich frei in Deutschland und Europa zu bewegen, sagte er und forderte eine Entschuldigung von Deutschland für die Unterdrückung des afrikanischen Volkes während des Kolonialismus.

Er sprach außerdem den in Hamburg gestrandeten Flüchtlingen die Solidarität der Teilnehmenden aus. In Hamburg demonstrieren Flüchtlinge, die mit 500 Euro Handgeld von Italien nach Deutschland abgeschoben worden waren und nun wieder nach Italien zurückgeschickt werden sollen.

Vom Frankfurter Flughafen aus werden die meisten Migranten aus Deutschland abgeschoben. Darüber hinaus ist er das wichtigste Abschiebe-Drehkreuz der Europäischen Union. Von hier aus werden Geflüchtete und Migranten zurück in ihre Heimat geschickt, häufig auf »direktem Weg in Armut, Diskriminierung, politische Verfolgung und Krieg geflogen«, so das Bündnis Blockupy Frankfurt in seinem Aufruf zur Demo. »Für die konkreten Zwangsmaßnahmen ist die Bundespolizei verantwortlich - und rühmt sich selbst für die dabei gewonnene ›interkulturelle Kompetenz‹«, hieß es.

Ein Drittel der Flüchtlinge wird jedoch in andere europäische Länder abgeschoben, sogenannte »sichere Drittstaaten« im Süden oder Osten Europas. Grundlage hierfür ist das Dublin-II-Abkommen, nach dem Flüchtlinge nur in dem europäischen Land Asyl beantragen können, in das sie zuerst eingereist sind. Dadurch kann sich Deutschland immer weiter vor der Einwanderung von Flüchtlingen abschotten, da viele Flüchtlinge aus Afrika zunächst mit dem Boot beispielsweise in Italien ankommen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal