Vom Kohleversorger zum Logistiker

Binnenhafen Königs Wusterhausen sucht Alternativen zum Umschlag von Massengütern

  • Marion van der Kraats, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Viele Häfen haben sich zum Wirtschaftsstandort ihrer Region entwickelt, zum Beispiel der im brandenburgischen Königs Wusterhausen. Als Umschlagplatz locken sie Firmen an - vor allem in strukturschwachen Regionen ein Gewinn.

Königs Wusterhausen. Beim Stichwort Binnenschifffahrt sind Standorte wie Neuss, Köln, Mannheim oder Magdeburg geläufig - und Duisburg, Europas größter Binnenhafen. Doch es gibt Dutzende kleinere Häfen in Deutschland, deren Bedeutung für die Wirtschaftskraft ihrer Region nicht zu unterschätzen ist. Ähnlich wie Flughäfen verbinden sie Verkehrswege zu Wasser und zu Land, verknüpfen Industrie und Handel. »Ein moderner Hafen zeichnet sich dadurch aus, dass er selber ein Wirtschaftsstandort ist«, sagt Reinhard Schuster, Geschäftsführer der Lutra GmbH. Sein Unternehmen betreibt den Hafen Königs Wusterhausen südlich von Berlin.

Häfen als Umschlagpunkte

Besonders wichtig für das Unternehmen ist die Kohle: Rund 70 Prozent des Umschlags macht sie aus. Bis zu 8000 Tonnen des Gesteins aus der Lausitz werden täglich von Bahnwaggons auf Schubverbände geladen und gelangen über Dahme und Spree in die Hauptstadt - jährlich mehr als 1,3 Millionen Tonnen. Der Energiekonzern Vattenfall heizt damit über das Heizkraftwerk Klingenberg den Osten Berlins. Die Energiewende bringt das Aus: Spätestens 2020 wird Vattenfall Braunkohle durch Gas ersetzen. »Die Tage von Klingenberg sind gezählt«, sagt Sprecher Hannes Stefan Hönemann. Der Hafen verliert damit sein wichtigstes Standbein.

Wie vielen anderen der etwa 125 öffentlichen Binnenhäfen bundesweit muss es ihm gelingen, Alternativen zum Umschlag von Massengütern wie Kohle, Erz oder Mineralöl zu finden.

Hafen-Chef Schuster setzt auf Logistik und Dienstleistung - so wie die Branche insgesamt. Laut Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen gewinnen Organisation und Lagern an Bedeutung. »Binnenhäfen haben sich zu Zentren der Wertschöpfung entwickelt«, sagt Geschäftsführer Boris Kluge. Olaf Willmann von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Ost in Magdeburg weiß: »Sie verstehen sich inzwischen meist als Umschlagpunkt.« Der Weg übers Wasser sei nur eine Transportmöglichkeit, Schiene und Straße seien mindestens genauso wichtig.

Mehr als 52,2 Millionen Euro wurden seit der Wiedervereinigung bis 2011 in den Hafen Königs Wusterhausen investiert, so Hafen-Chef Schuster. 36,4 Millionen Euro davon flossen in die Infrastruktur. Aktuell wird ein weiteres Gelände für rund 12,4 Millionen Euro fertig.

Neue Nische gefunden

Zu den bisherigen Kunden gehören Lebensmittelketten mit Lagern sowie Abfall- und Recycling-Wirtschaft und Baustoffe. Baurechtlich ist der Hafen als Industriestandort ausgewiesen und verfügt über Sondergebiete. Dort darf es auch laut und dreckig werden. Zudem ist die Autobahn nur einen Steinwurf entfernt. Der Standort wird zunehmend zu einem Ansiedlungsgebiet für andere Unternehmen. Obwohl er nicht an einer wichtigen Wasserstraße liege wie Magdeburg, sei der Hafen von vergleichbarer Bedeutung, so Kluge.

Dabei habe Magdeburg mit seiner zentralen Lage am Mittellandkanal, Elbe-Havel-Kanal und der Elbe viel bessere Voraussetzungen, sagt Schifffahrtsexperte Willmann. Königs Wusterhausen vermarkte seine Flächen jedoch sehr gut. »Hinzu kommt, dass der Hafen eine Nische gefunden hat: alternative Energien«, schildert Willmann. Der Mannheimer Energieversorger MVV wurde als Kunde gewonnen. Die Baden-Württemberger errichteten 2003 eines ihrer bundesweit drei Biomassekraftwerke. Ein Grund dafür war die Nähe zu Berlin, wie ein Sprecher erklärt. Durch die Bauarbeiten dort falle viel Altholz an. »Dies kann in unserem Heizkraftwerk zu nutzbarer Energie umgewandelt werden.« Ein weiterer Grund sei die gute Anbindung an das Stromnetz gewesen. Diese Vorteile will Königs Wusterhausen weiter ausbauen: Es gebe schon Vorverträge mit Interessenten, sagt Hafen-Chef Schuster.

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