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Es wird schon wieder gemunkelt

Fünfkampf-Olympiasiegerin Lena Schöneborn befürchtet erneute Regeländerungen

  • Lesedauer: 4 Min.
LENA SCHÖNEBORN, 27, startet heute bei der EM der Modernen Fünfkämpfer in Drzonkow. Im Interview mit OLIVER HÄNDLER beschreibt die Olympiasiegerin von 2008 ihre Unzufriedenheit über die häufigen Regeländerungen und ihre Pläne für die Zeit nach der Karriere.

nd: Was gibt es Neues im Modernen Fünfkampf? Das Reglement ändert sich ja häufiger mal.
Schöneborn: Es wird bei uns schon wieder viel gemunkelt. Fest steht, dass sich seit Saisonbeginn die Reitpunkte verändert haben. Für einen Abwurf gab es bisher 20 Punkte Abzug, jetzt 40, also genau so viel wie für eine Verweigerung des Pferdes. Ich halte das für fragwürdig, weil eine Verweigerung einen größeren Ungehorsam des Pferdes darstellt als ein Abwurf. Mit einem fremden Pferd passiert leicht mal ein Abwurf, auch wenn man ihn nicht selbst verschuldet hat. So sind die Reitpunkte im Vergleich zum Vorjahr im Schnitt niedriger. Zusätzlich bekommt ein Reiter nach der fünften Verweigerung und dem vorzeitigen Ende des Ritts nun nicht einmal mehr die Punkte, die er bis dahin erreicht hat. In dem Fall kann man gleich nach Hause gehen.

Es war auch von einem K.o.-System im Fechten zu hören.
Das meinte ich, als ich Munkeln sagte. Offinziell ist nichts, aber über drei Ecken haben wir erfahren, dass es vielleicht sogar schon jetzt bei der EM außerhalb der Wertung ausprobiert werden soll. Wie das genau vonstatten geht, wissen wir aber nicht. Es soll den Zeitrahmen des ganzen Wettkampfs noch weiter verkürzen.

Was halten Sie von der Idee?
Ich konnte sie ja noch nicht testen. Aber wenn es rechtzeitig angesagt wird, durchdacht ist und schlagende Argumente dafür sprechen, gehe ich da absolut mit. Was ich jedoch nicht mag, ist, überrumpelt zu werden. Und wenn man mal »Warum?« fragt, heißt es nur: Na das ist halt so.

Sie klingen wie ein gebranntes Kind. Gab es solch eine Situation schon einmal?
Der Combined-Wettbewerb aus Schießen und Laufen wurde damals auch sehr spontan eingeführt. Er wurde zwar vorher bei der Jugend getestet. Aber zwischen der Entscheidung, ihn wirklich einzuführen, und dem ersten Wettkampf lagen nur zwei Monate. Für mich als Athleten ist es hilfreich, weit früher Bescheid zu wissen, um mir Gedanken darüber zu machen, was sich für mein Training ändert. Nur dann kann ich auch meine ganze Winterarbeit darauf ausrichten.

Bei Olympia 2016 in Rio soll der gesamte Wettkampf nur noch fünf Stunden dauern, so dass ihn die Zuschauer am Stück von einem Platz aus verfolgen können. Sind die Grenzen langsam erreicht?
Prinzipiell ist es nicht schlimm, den Zeitrahmen eng zu halten, denn nur wenige Zuschauer haben einen ganzen Tag Zeit. Den aktuellen Modus finde ich aber auch in Ordnung. Da gucken nur Hardcore-Fans beim Schwimmen und Fechten zu. Die attraktiveren Teile Reiten und Combined kommen danach an einer Sportstätte zusammen. Alle, die gerne möchten, können sich die ersten Disziplinen ja auch angucken. Wenn nicht, bekommen sie die Highlights als Zusammenfassung präsentiert.

Ihre beiden jüngeren Schwestern betreiben auch Modernen Fünfkampf. Gehen drei Schöneborns in Rio an den Start?
Sie sind gerade erst mit der Schule fertig. Sie müssen nun entscheiden, was sie studieren wollen, und gucken, wie kompatibel das mit dem Sport ist. Die Wahrscheinlichkeit einer Olympiateilnahme ist eher gering, denn auch Annika Schleu und Janine Kohlmann sind Spitzenathletinnen. Außerdem können nur zwei Deutsche bei Olympia starten. Da müsste gegebenenfalls sowieso eine Schöneborn zu Hause bleiben. Das wäre doch auch schade.

Sie selbst legten eine halbjährige Wettkampfpause für ihr Studium ein. Können Sie denn nicht vom Fünfkampf und Ihrer Popularität nach dem Olympiasieg leben?
Zur Zeit bin ich durch Sponsoren und die Sporthilfe abgedeckt. Aber für die Zukunft habe ich natürlich noch nicht ausgesorgt. Und mit 35 will ich nicht von Null anfangen. Mit einem Master in Internationalem Marketingmanagement in der Tasche versuche ich jetzt, Berufserfahrung zu sammeln. Der Fokus liegt aber weiter auf dem Sport.

Ist die EM nur Durchgangsstation für die WM in Taiwan?
Mir fehlt die Winterarbeit. Das merke ich noch - am meisten im Schwimmen. Wenn aber Fechten, Schießen und Reiten gut laufen, ist eine Medaille drin, denn meine Laufform ist gut. Ich muss mich wohl von einer Disziplin zur anderen hangeln. Die Weltmeisterschaften sind aber der Jahreshöhepunkt, auf den wir uns alle noch intensiver vorbereiten werden.

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