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Unerwünschte Nebenwirkung

»Hasch-Automaten« auf St. Pauli beschlagnahmt - Hamburgs Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ladeninhaberin

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Diese Geschäftsidee ging nach hinten los: Nicky W. verkaufte im Stadtteil St. Pauli Hanfsamen in Automaten an »Schmerzpatienten«. Die Staatsanwaltschaft beendete den Handel und nahm die Geräte mit. Der Betreiberin droht eine Anklage wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.

»Aufgrund von polizeilichen Ermittlungen zur Zeit geschlossen«, informiert ein gelbes Schild im Schaufenster. Gleich mit einem Lkw war die Staatsanwaltschaft Hamburg am Dienstag angerückt, um auf dem Kiez Automaten mit einem raren Handelsgut sicherzustellen. Ziel der Aktion war das kürzlich eröffnete »Mediseed« an der Reeperbahn 155, wo zehn Tage lang Hanfsamen zum eigenen Anbau vertrieben wurden. »Es gibt den Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln«, erklärt Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg. Die Automaten samt Inhalt wurden als Beweismittel sichergestellt.

Die Kunden konnten sich »ihre« Sorte aus den Automaten ziehen. Zur Wahl standen unter anderem »White Russian«, »Caramelo« oder »Cotton Candy«. Die Preise lagen zwischen 20 und 70 Euro pro Packung. Die Betreiberin Nicky W. (39) wähnte sich auf der sicheren Seite des Gesetzes, weil sie nur Samen verkauft hat, doch die Staatsanwaltschaft sieht das anders. »Der Vorwurf begründet sich darauf, dass dort Betäubungsmittel verkauft wurden und nicht kontrolliert wurde, an wen die Samen abgegeben wurden und ob dies zu medizinischen Zwecken geschah«, so Frombach. Denn grundsätzlich darf nur derjenige legal Haschprodukte erwerben, der dazu eine medizinische Erlaubnis besitzt. Die Inhaberin von »Mediseed« kündigte gegenüber den »Kieler Nachrichten« an, mit juristischen Mitteln gegen die Ladenschließung vorgehen zu wollen. Die »Hamburger Morgenpost« berichtete, dass Matthias W. (42), Mann der Ladenbetreiberin, 2006 in der Nähe von Quickborn eine Hanfplantage mit 860 Pflanzen Pflanzen betrieben hatte, die bei einer Razzia sichergestellt wurden. Auch der von W. geführte »American Headshop« war gefilzt worden. Dort wurden 850 Gramm Marihuana gefunden. »Ich bin unbescholten«, verteidigt sich Nicky W. »Mein Mann hat mit meinem Laden nichts zu tun.«

Der medizinisch-rechtliche Hintergrund des Hanfsamendeals: Cannabisprodukte können grundsätzlich in der Apotheke gekauft werden, doch vielen Erkrankten ist das zu teuer. Sie besorgen sich ihre Mittel auf dem Schwarzmarkt oder bauen selber an. Der Cannabiswirkstoff THC mildert bei schweren Erkrankungen einige Symptome und wirkt unter anderem gegen Appetitlosigkeit. Der Haschsamen selbst enthält kein THC, das die gewünschte »Stoned«-Wirkung verursacht. »Aber auch der Verkauf von Samen fällt unter das Betäubungsmittelgesetz«, erläutert Staatsanwaltsprecherin Frombach. Zutritt zu dem Geschäft war nur Volljährigen ab 18 Jahren erlaubt. Zielgruppe des Geschäfts seien jene Konsumenten gewesen, die sich den teuren Erwerb über die Apotheke nicht leisten können.

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