Mit der Partei SYRIZA an die Regierung

Tsipras-Flügel setzte sich bei Vereinigungskongress in Athen durch

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Aus dem griechischen Bündnis linker Parteien und Organisationen, unter denen Synaspismos die größte war, ist die Partei »SYRIZA - Vereinte Soziale Front« geworden.

»Der SYRIZA-Gründungsparteitag ist ein großer Schritt, eine historische Station für die Linke und die Demokratie ... Von morgen an beginnen wir mit der neuen Partei - alle zusammen - einiger und stärker als je zuvor den großen und siegreichen Weg«, erklärte Alexis Tsipras nach seiner Wahl zum Vorsitzenden der griechischen Linkspartei am Sonntagabend. Vorausgegangen war ein vier Tage langer, von heißen Diskussionen im Ringen um gemeinsame Standpunkte gezeichneter Kongress, an dessen Ende die bereits fast 20 Jahre alte Linksallianz mit mehreren zehntausend Mitgliedern als Partei hervorging.

Den bisherigen Bündnispartnern werde eine »angemessene Zeit« eingeräumt, sich als eigenständige Einheiten aufzulösen. Dies war wohl der umstrittenste Beschluss. Denn SYRIZA bestand aus etwa einem Dutzend Organisationen, von denen die Partei »Koalition der Linken, der Bewegungen und der Ökologie« (Synaspismos) bisher zwar die größte war und mit ihrem Vorsitzenden Tsipras das Bündnis in der öffentlichen Wahrnehmung dominierte. Aber gerade die kleineren Gruppen von Sozialdemokraten über Sozialisten, Kommunisten bis zu Trotzkisten machten SYRIZA zu einer sehr breiten Alternative zu den etablierten Großparteien.

Die Umformung der Linksallianz in eine Mitgliederpartei war nach der erfolgreichen Parlamentswahl im Juni 2012 für notwendig erachtet worden. Dabei wuchs SYRIZA von etwa vier auf fast 27 Prozent zur stärksten Oppositionsfraktion an und verfehlte den Wahlsieg nur knapp. In den folgenden Monaten traten dem Bündnis tausende neue Mitglieder bei, die alle nicht in einer der ursprünglichen linken Mitgliedsorganisationen vertreten waren, sondern mehrheitlich bisher die sozialdemokratische PASOK gewählt hatten.

An sie und weniger an die originär linken Kräfte in SYRIZA richten sich auch die auf dem Parteitag mit großer Mehrheit verabschiedeten »Programmatischen Thesen«. Als Ziele werden vor allem die Aufkündigung der von Griechenland mit den internationalen Gläubigern von Europäischer Union, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank vereinbarten Kürzungs- und Sparmaßnahmen, die Streichung eines Teils der Staatsschulden, der Wiederaufbau des Sozialstaates und ein an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiertes Wirtschaftswachstum genannt. Realisiert werden könne dies durch eine »Regierung der Linken«, gestützt auf die Zustimmung der gesellschaftlichen Mehrheit und aktive Mitarbeit von Kräften der Zivilgesellschaft.

Weitergehende Forderungen der »Linken Plattform« innerhalb von SYRIZA wurden mit großer Mehrheit zwischen 60 und 70 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die Linke Plattform hatte die vollständige Streichung aller Staatsschulden und die Verstaatlichung von Banken und wichtigen Wirtschaftszweigen wie Energie und Wasser, die Beschränkung möglicher Koalitionspartner von SYRIZA auf klar linke Parteien und die Option eines Austritts aus der Eurozone ins Programm aufnehmen lassen wollen.

Dem Kräfteverhältnis wird auch die Zusammensetzung des neuen Zentralkomitees der Partei gerecht. Die »Einheitsliste« von Tsipras erhielt 67,6 Prozent, die der Linken Plattform 30,2 Prozent der Stimmen der 3430 Kongressteilnehmer. Damit stellen die Mehrheit um den neu gewählten Vorsitzenden 135 und die Linke Plattform 60 Mitglieder im 200-köpfigen Zentralkomitee.

Die von Alexis Tsipras in seiner Rede betonte Verbindung der Linkspartei mit dem gewerkschaftlichen und gesellschaftlichen Widerstand gegen die Austeritätspolitik der Gläubigermemoranden wird schon in dieser Woche auf die Probe gestellt, wenn an diesem Dienstag die bereits in der vergangenen Woche begonnenen Demonstrationen, Besetzungen und Streiks der griechischen Gemeindearbeiter in einem neuen allgemeinen Generalstreik gipfeln.

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