Eine Stadt steht hinter ihrer Uni

Björn Engholm und andere Prominente kämpfen für die eigenständige Hochschule in Lübeck

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Heute um 12 Uhr geht eine außergewöhnliche Aktion an der Universität Lübeck zu Ende. Dann hat es im Institut für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte seit gestern einen 24-stündigen Vorlesungsmarathon gegeben, und all das wegen der Ängste in der Hansestadt, möglicherweise die Uni-Eigenständigkeit zu verlieren.

Seit Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) seine Pläne zur Fusionierung der Universitäten im nördlichsten Bundesland auf den Tisch gelegt hat, regt sich Widerstand an den einzelnen Standorten. Am spektakulärsten wehren sich dabei die Lübecker. Fraktionsübergreifend im Rathaus und auch durch alle Bevölkerungsschichten geht die Solidarität für die Hochschule. Bei der öffentlichen Vorlesungsaktion des Uni-Rektorats zu medizinischen, geisteswissenschaftlichen, populärwissenschaftlichen und theologischen Themen waren nicht nur Hochschulprofessoren im Einsatz für die Uni, sondern auch städtische Prominenz. So war gestern Björn Engholm, ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, in der Dozentenrolle. Zusätzlich hat der Allgemeine Studierendenausschuss auch eine Postkartenaktion initiiert. Damit wird aufgerufen, dem CDU-»Landesvater« Peter Harry Carstensen Solidaritätsgrüße zum Erhalt der Eigenständigkeit der Uni Lübeck zu schicken. Gab es zur Rund-um-die-Uhr-Vorlesungsaktion schon eine großformatige Zeitungsanzeige, so soll diese Form der Öffentlichkeitsarbeit im Januar wiederholt werden, erläutert Johannes Waldmann vom Asta. Gut angelaufen sei auch eine Plakataktion in vielen Innenstadtgeschäften. Die Uni-Standorte Kiel, Lübeck und Flensburg wollen sich jedenfalls nicht gegenseitig von Austermanns Zentraluniversitätsplänen auseinanderdividieren lassen. Die jetzige Christian-Albrechts-Universität (CAU) Kiel will ihren Namen auf jeden Fall behalten. Dieser 340 Jahre alte Name ist »wie ein Qualitätslabel«, so Rektor Jörn Eckert. Bekäme Kiel die administrative Verwaltungsleitung zugesprochen, soll die CAU ihre medizinische Fakultät nach Lübeck abtreten, sickerte es aus dem Austermann-Ministerium durch. Ferner sei man zur Verwirklichung der Fusion bereit, quasi als Kompensation die komplette Lehrerausbildung der Flensburger Uni zuzuteilen. Engholm, Beiratsvorsitzender an Lübecks Hochschule, wirft Austermann eine »Unkenntnis der deutschen Universitätslandschaft« vor: »Der Trend gehe weg von Massenunis und hin zu überschaubaren Lehr- und Forschungsstätten.« Kiels ehemalige SPD-Bildungsministerin Gisela Böhrk unterstützend: »Die Zeit der Fusionitis ist längst vorbei. Das ist Politik von gestern.« Die Landes-FDP spricht von absurden Gedankenspielen; mahnend verweisen die Liberalen auf gescheiterte Versuche, Universitäten in Essen, Trier oder Mainz zusammenzulegen. Lübecks weltweit anerkannter Sars-Forscher, Professor Rolf Hilgenfeld, trägt sich nach der von Austermann losgetretenen Debatte ernsthaft mit Abwanderungsgedanken. Ihm läge für seine Arbeitsgruppe ein Angebot aus Toronto vor. Und er würde kein Einzelfall bleiben, befürchtet Peter Dominiak, Rektor an Lübecks Hochschule. Hilgenfeld wird in der Standortfrage sehr deutlich: Kiel, nicht Lübeck sei ein Sanierungsfall. Bei der Drittmitteleinwerbung liege man weit vor der CAU. »Wir geben 9,5 Prozent der uns zugewiesenen Mittel für Verwaltung aus, Kiel 20,5 Prozent.« Man habe zudem drei Mal so viele Veröffentlichungen in Fachzeitschriften wie die Kollegen in Kiel, betonte Hilgenfeld. Er hatte 2003 im Zuge der Sars-Epidemie einen Hemmstoff gegen das sich ausbreitende Virus entdeckt. Dominiak verweist auch auf die Qualität seiner Informatiker: National würde man im Ranking an dritter Stelle stehen. Und auch die Deutsche Forschungs-Gesellschaft attestierte Lübecks Uni bezogen auf Drittmittel, Netzwerk...

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