Obamas Offensive für die Mittelschicht

Grundsatzrede: US-Präsident will Mindestlohn erhöhen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
US-Präsident Barack Obama zeigte sich bei einer Grundsatzrede kampfeslustig. Er will der US-Mittelschicht zu neuer Stärke verhelfen und die soziale Ungerechtigkeit bekämpfen.

»Es ist gut, wieder da zu sein«, fing Barack Obama am Mittwoch seine Rede an. Der Ort des Geschehens war das Knox College der Kleinstadt Galesburg im US-Bundesstaat Illinois. Es ist der Bundesstaat, in dem der US-Präsident einst seine politische Laufbahn begann. Hier wollte er sechs Monate nach seiner Wiederwahl mit einer wirtschaftspolitischen Grundsatzrede erneut in die Offensive gehen. Seine Stoßrichtung ist eindeutig: Neue Jobs, höhere Löhne, bessere Bildung und bezahlbare Gesundheitsversorgung - kurz: Stärkung der gebeutelten Mittelschicht. Das ist, was auf seiner Agenda steht.

Als er in Galesburg vor acht Jahren seine erste Rede als Senator gehalten habe, sei einiges noch anders gewesen. »Zum Beispiel hatte ich noch keine grauen Haare«, witzelte Obama vor einem dankbaren Publikum. Nun ist er seit fünf Jahren Präsident der Vereinigten Staaten und Nobelpreisträger. Doch nicht alles läuft so wie er es will. Besonders der US-Kongress, wo die Republikaner die Mehrheit haben, macht dem demokratischen Präsidenten stark zu schaffen. Viele seiner Vorhaben wurden dort zu Fall gebracht.

Auch im Jahre Fünf nach Ausbruch der Finanzkrise leidet die US-Wirtschaft unter den Folgen der Rezession. Lag die Arbeitslosenrate im Jahr 2007 bei 4,6 Prozent, so sind es jetzt 7,6 Prozent. Vor allem die arme Bevölkerung ist von den Auswirkungen betroffen. Die Einkommensungleichheit und die relative Armut in den USA gehören zu den höchsten unter den Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Und einer OECD-Studie zufolge nimmt diese Ungerechtigkeit seit den 1970er Jahren kontinuierlich zu.

Genau dieser Entwicklung will Obama jetzt entgegenwirken. »Das Einkommen des Ein Prozent an der Spitze vervierfachte sich zwischen 1979 und 2007 fast, während sich das Einkommen einer typischen Familie kaum bewegte«, mahnte er. Diese wachsende Ungerechtigkeit sei nicht nur moralisch falsch. »Es ist schlechtes Wirtschaften«, so Obama. Denn Reichtumskonzentrationen würden unstabile Finanzblasen erzeugen, die die gesamte Wirtschaft bedrohten.

Um in Washington das Ruder umzureißen und der Mittelschicht wieder zu Wohlstand zu verhelfen, brauche es keinen Drei-Monatsplan und auch keinen Drei-Jahresplan. »Was wir brauchen ist eine langfristige amerikanische Strategie, die auf beständigen Einsatz baut«, erklärte Obama mit Pathos. Konkret bedeutet das für ihn Maßnahmen wie Schaffung sicherer Arbeitsplätze, Erhöhung des Mindestlohns und Investitionen in Bildung und Infrastruktur.

Immerhin habe sich die US-Wirtschaft wieder nach oben gekämpft, betonte Obama angesichts eines nur moderaten Wirtschaftswachstum von voraussichtlich 1,9 Prozent im Jahr 2013 etwas überoptimistisch. Auch, dass die USA mittlerweile so viel Erdgas wie kein anderes Land produzieren, ist für Obama ein Erfolg. Möglich macht das die Fracking-Technologie, bei der Chemikalien in Gesteinsschichten gepresst werden. Die Folge ist nicht nur, dass das Grundwasser verunreinigt wird. Jüngsten Studien zufolge soll diese Fördermethode sogar die Gefahr von Erdbeben erhöhen. Doch der USA beschert das Fracking niedrige Energiepreise, die die Wirtschaft ankurbeln.

Ob die guten Vorsätze Obamas auch in die Realität umgesetzt werden, bleibt indes abzuwarten. Dem republikanisch dominierten Kongress zeigt sich Obama gegenüber jedenfalls kampfeslustig: »Es reicht nicht aus, immer nur gegen etwas zu sein. Man muss auch für etwas sein.« Mit oder ohne Kongress - er werde alles machen, um die seinen Plan umzusetzen, versprach Obama. Denn der Kongress sei zwar gerade knallhart. »Doch er kann mich nicht aufhalten«, so Obama.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal