nd-aktuell.de / 27.07.2013 / Politik / Seite 3

Kommunen unter Druck

Obdachlose Tagelöhner aus Wald geräumt

Haidy Damm

Nach dem Brand in einem Papenburger Wohnhaus, bei dem zwei rumänische Werkvertragsarbeiter ums Leben kamen, stehen die Kommunen und die Arbeitgeber unter Druck. Gefordert sind umfassende Aufklärung und geeignete Maßnahmen, um die miserablen Arbeits- und Lebensbedingungen zu beenden. Mehrere Landkreise haben immerhin angekündigt, die Unterbringung zu überprüfen. Die Meyer Werft gibt sich empört über die Zustände, unter denen ihre Werkvertragsarbeiter leben, und hat eine Sozialcharta eingeführt.

Dabei steht die Unterbringung schon länger in der Kritik, besonders im Nachbarlandkreis Oldenburger Münsterland. Dort sind die katas-trophalen Zustände von Überbelegung und Ausbeutung seit Jahren bekannt, geändert hat sich bisher wenig. Gewerkschaften, einzelne Gemeinderäte und seit einigen Monaten auch die Kirche versuchen, die Arbeits- und Lebensbedingungen der meist aus Osteuropa stammenden Arbeiter zu verbessern.

Schlachthöfe, Landwirtschaft und jetzt auch die Werftenindustrie sparen durch den Einsatz billiger Arbeitskräfte. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat dazu geschwiegen. Rot-Grün, seit Januar an der Macht in Niedersachsen, will jetzt aktiv werden. Die bekannten Missstände seien »nur die Spitze des Eisberges«, befürchtet Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der in allen Branchen Druck machen will. Denn die Zustände seien zwar nicht auf die Region beschränkt, aber »wir haben den Eindruck, dass es sich um massenhaften Missbrauch handelt«.

Während in die Debatte um die Ausbeutung durch Werkverträge Bewegung zu kommen scheint, enthüllte ein Bericht des Norddeutschen Rundfunks noch unwürdigere Lebensbedingungen. Unter den Werkvertragsarbeitern stehen die Wanderarbeiter: Tagelöhner, die ohne jeglichen Vertrag mal Torf stechen oder als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft arbeiten. Sie wohnen in selbst gezimmerten Unterständen, notdürftig geschützt durch Plastikfolien, in Parks und Waldstücken. Von dort wurden sie in den vergangenen Wochen mehrmals vertrieben, zurück in ihre Heimatländer wollen sie aber nicht. Die Kirchen berichten von mehr als 20 Hilfesuchenden in der Woche.

Die Wanderarbeiter soll aber nicht bleiben. Die Gemeinde habe ihnen die Rückfahrt zahlen oder sie zumindest bis zur nächsten Botschaft bringen wollen, sagt Manuela Honkomp, parteilose Bürgermeisterin von Steinfeld. Sie fordert vom Landkreis Unterstützung. Der wiederum sagt, die Gemeinden seien zuständig. Hilfe können die Wanderarbeiter hier nicht erwarten. Sie bleiben auf sich gestellt, täglich neu auf der Suche nach einem Job.