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Die Schweizer kommen!

Der Gesundheitstourismus nach Deutschland boomt

  • Renate Wolf-Götz
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit die gesetzlichen Krankenkassen nur noch Festzuschüsse zur unbedingt notwendigen Reparatur von Zahnschäden bezahlen, ist es beliebt geworden, den Urlaub mit einer Zahnbehandlung zu kombinieren. Doch was den Deutschen mit Beginn des laufenden Jahres Recht ist, ist Urlaubern aus dem Ausland, die in Deutschland Erholung und gleichzeitig Heilung suchen, billig.
Während sich Klienten aus den arabischen Ländern ihren Urlaub von Reisebüros buchen lassen, die sich auf Gesundheitstourismus spezialisieren und das jeweilige Reiseziel nach der Spezialklinik für den entsprechenden medizinischen Eingriff auswählen, bevorzugen Skandinavier Ferienorte zur Gesundheitsbehandlung im norddeutschen Raum. Österreicher und Schweizer schwören dagegen überwiegend auf süddeutsche Kliniken samt dem jeweiligen erholsamen Umfeld. Besonders die Schweizer haben einen massiven Preisunterschied zwischen den inländischen und den deutschen Behandlungskosten ausgemacht. Der größte Schweizer Krankenversicherer Helsana etwa kennt keinerlei Patriotismus, wenn es ans Sparen geht. Und das zahlt sich aus für die Assekuranz, beim Einsatz eines diagnostischen Herzkatheders sogar mit 90 Prozent, das sind zirka 1460 Euro in Deutschland und rund 14 100 Euro in der Schweiz. Bei einer Herztransplantation lassen sich ganze 60 Prozent einsparen: 116 000 Euro kostet der Eingriff in der Schweiz, in Deutschland rund 46 650 Euro. Mithin hat sich der helvetische Leistungsträger die Zusammenarbeit mit dem Herzzentrum im südbadischen Bad Krotzingen vertraglich gesichert. Gleiches strebt der Versicherer mit der nahe gelegenen Orthopädieklinik Helios in Breisach an. Das Potenzial der Eidgenossen, denen die Behandlungskosten beim deutschen Nachbarn erstatten werden, ist hoch: »Von den insgesamt 1,2 Millionen Versicherten können sich theoretisch etwa eine Million in Deutschland behandeln lassen«, rechnet Helsana-Sprecher Christian Beusch vor. Und er nennt auch den Grund: »Fast alle zahlen den kleinen Zusatz von 3.80 Schweizer Franken (2,20 Euro) im Monat für die freie Krankenhauswahl«. Es sind jedoch nicht allein die teilweise immensen Preisunterschiede, im Fall der Schweiz auch auf den deutlich höheren Lohn der Krankenschwestern zurückzuführen, die den Gesundheitstourismus nach Deutschland ankurbeln. Durch Einführung der Fallpauschalen, die den Preis für einzelne Eingriffe auf den Cent genau vorgeben, halten sich in Deutschland, im Gegensatz etwa zur Schweiz, die Kosten in überschaubaren Grenzen. »Seitdem arbeiten die Krankenhäuser wesentlich wirtschaftlicher«, erklärt der Sprecher des AOK-Bundesverbandes Udo Barske. Darüber hinaus seien die einzelnen Kliniken angehalten, sich zu spezialisieren, etwa auf Herz-Kreislauf-Behandlungen oder orthopädische Symptome. »Das macht sich bei der Qualität bemerkbar«, hat auch der Schweizer Versicherungssprecher Beusch festgestellt. Auch bei den Urlaubern anderer Länder, die Deutschland als Reiseziel im Fokus haben, breitet sich der gute Ruf des hiesigen Gesundheitssystems zusehends aus. Dabei wird häufig der weltweit führende deutsche Rehabilitationsbereich in einem Atemzug genannt.
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