Auch Ramsauer will nicht

CSU-Bundesverkehrsminister übernimmt die BER-Aufsicht nicht / FDP schlägt Mehdorn vor

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will nicht Aufsichtsratsvorsitzender des Hauptstadtflughafens BER werden. Überraschend, dass ihn überhaupt jemand gefragt hat, aber die »Bild«-Zeitung konnte es sich nicht verkneifen. Und Ramsauer antwortete eindeutig mit »Nein. Die Nachfolge von Matthias Platzeck sollte das Land Brandenburg klären«.

Einen Aufsichtsratsvorsitzenden auch außerhalb der Eigentümergemeinschaft von Brandenburg, Berlin und Bund zu finden, schließt der Minister nicht aus. Es gebe aber noch keine Entscheidung, wer es mache. »Die Eigentümer werden sich zusammensetzen.« Das wird Ende August geschehen. Die Eigentümergesellschaft aus Berlin, Brandenburg (je 37 Prozent Anteile) und dem Bund (26 Prozent) tagt am 31. August. Spätestens bis dahin sollte eine Lösung gefunden sein. Die Aufsichtsratssitzung am 16. August wird noch Matthias Platzeck leiten.

Es bleibt also nicht mehr viel Zeit für die Suche nach einem Nachfolger. Die Kandidaten stehen auch nicht gerade Schlange, müssten sie doch einen der undankbarsten Jobs übernehmen, die Deutschland derzeit zu bieten hat. Auch Ramsauers Staatssekretär Rainer Bomba, immerhin schon Mitglied im Aufsichtsrat, hat Spekulationen, er könnte es machen, zurückgewiesen. Eine Rückkehr des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) auf den Posten kann sich auch niemand vorstellen.

Und Brandenburgs Staatssekretär Rainer Brettschneider, der in der Staatskanzlei die Projektgruppe für den Flughafen leitet, hat die Kompetenz, müsste aber wohl erst zum Minister befördert werden, um mit den anderen Herren im Gremium auf einer Protokollebene agieren zu können. Ohnehin werden die Stimmen lauter, die das Kontrollgremium mehr mit Fachkompetenz denn mit Politikern besetzen wollen. Für die Berliner IHK wäre der Aufsichtsrat gut beraten, »seine Position durch eigenes Know-how zu stärken und dadurch fortwährende Debatten zu entpolitisieren«.

Dagegen hält der Präsident des Flughafenverbandes ADV, Michael Kerkloh, die Neubesetzung für nicht entscheidend für das Projekt BER. Dafür habe man ja ein tatkräftiges Management mit Hartmut Mehdorn als Flughafenchef. Möglicherweise nicht mehr lange, wenn es nach der FDP geht. Deren Bundestagsabgeordneter Lars Lindemann und sein Brandenburger Kollege Gregor Beyer wollen Mehdorn in den Chefsessel des Aufsichtsrats befördern. Dort könne er als Nichtpolitiker »vollumfänglich Entscheidungen auf einer rein fachlichen Basis treffen«, erklärten die beiden Politiker gestern. Mehdorn soll das natürlich nicht in Personalunion mit seiner Funktion als Flughafenchef machen.

Sondern aus der Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden heraus könne er einen Nachfolger als BER-Geschäftsführer berufen. Für Martin Delius von den Piraten, Chef des Berliner Untersuchungsausschusses zum Flughafendebakel, wäre das die »schlechteste aller denkbaren Lösungen«. Damit würde der Bock zum Gärtner gemacht. »Mehdorn legt jede Menge Programme auf, gibt viel Geld aus, aber die Eröffnung des Flughafens bringt das keinen Schritt näher.« Auch Delius allerdings wünscht sich einen Fachmann als Aufsichtsratschef, »der ein Gegengewicht zu Mehdorns Geschäftsführung herstellt und nicht zu allem Ja und Amen sagt«.

Einen Wunschkandidaten hat er nicht in petto, aber Erfahrung mit Flughäfen sollte er haben und »Zeit, Tag und Nacht für den BER aktiv zu sein«. Unterdessen befindet sich ein Projekt des alten Aufsichtrats mitten in der Umsetzung: Die »Ertüchtigung« von Tegel für eine unbestimmte Zeit, mindestens so lange, bis der BER öffnet. Die Sanierung aller 32 Toilettenräume im Hauptterminal A ist im vollen Gange. Die alten WCs stammten zum Teil noch aus den 70er Jahren. Im erst vier Jahre alten Terminal D wurde in den vergangenen Wochen ein zusätzliches 100 Meter langes Koffertransportband mit Röntgenkontrollgerät eingebaut. Es soll in diesen Tagen in Betrieb gehen. Dann können auch wieder die 20 Abfertigungsschalter im Terminal genutzt werden. Bis Jahresende sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein, 20 Millionen Euro werden dafür ausgegeben, drei Millionen davon im alten Schönefelder Terminal.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal