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Ene Besuch im Zoo, oh, oh, oh

Am Mittwochabend fand im Postbahnhof in Berlin die Verleihung des Berliner Music Award statt

  • Celestine Hassenfratz
  • Lesedauer: 3 Min.
Tanzbär.
Tanzbär.

Fast hätte man meinen können, man sei im Zoo. Ziemlich tierisch ging es zu, am Mittwochabend im Postbahnhof. Eigentlich sollte doch nur der Gewinner des Berliner Music Award gekürt werden. Doch dann kam alles anders.

Stutzig hätte man schon werden können, als tanzende Bären einen am Eingang mit ihren kreisenden Hüften begrüßten. Halbe Bären, die nur Bärenköpfe, dafür aber richtig flauschige, aufhatten und deshalb eher aussahen wie Affen. Ganze Bären, daran zu identifizieren, dass sie von Kopf bis Fuß puschelig und bärig waren. Nicht zu vergessen der Oberbär, der mit einer bärenstarken Breakdance-Einlage die Zuschauer in den Umbaupausen bespaßte. Dann waren da noch die etwa 100 anderen Bären. Eigentlich Zuschauer, dank Papp-Bärenmasken verwandelten sie sich aber mindestens in Dreiviertel-Bären. Als wären die Bären nicht genug, kamen später noch Flamingo-Frauen eingeflogen. Aber der Reihe nach.

Am Mittwochabend wurde die Berlin Music Week im Postbahnhof eröffnet. Höhepunkt des Abends sollte die Verleihung des Berliner Music Award sein. Im Finale standen »YeoMen«, »Otto Normal« und »Charity Children«. »YeoMen« eröffnete das Finale mit treibendem Techno, ganz ohne Instrumente, A-capella. Sphärische Klänge, die an Musik in Achterbahnen erinnerten, wenn man ganz langsam knatternd nach oben gezogen wird. Auf den Gesichtern der Zuschauer zeichneten sich Fragezeichen ab. Mit großen, tieftraurigen Bärenaugen schauten sie sich zweifelnd an, schienen zu fragen: »Wie machen die das. So ganz ohne Instrumente?«. Spätestens beim sinnentleerten Song »Bäm« hatten sich die Zuschauer dann aber wieder gefangen. Fehlende Instrumente hin oder her. Erste Bären begannen zu springen, hüpfen und »Bäm. Bäm. Bäm« zu brüllen.

Rap über Latexmasken und Damenschuhe

Als zweiter Finalist durfte »Otto Normal« mit einer Mischung aus Rock und Hip Hop ran. Mit ihrem Rap-Freestyle, für den die Zuschauer Begriffe wie »Latexmaske«, »Schaschlikspieß« oder »Damenschuh« vorschlugen, hatten die sechs Jungs das Publikum schnell auf ihrer Seite. Die Bären bounceten, shaketen, hoppten. Dritter Finalist, »Charity Children«, erschuf mit tiefmelancholischem Folk eine ganz eigene Atmosphäre. Das verstanden viele bärige Zuschauer offensichtlich nicht. Wütend stampften sie mit ihren Bärenbeinchen auf die Tanzfläche. Texte mit Sinn? Musik, mit richtigen Instrumenten? Ein CELLO? Einige Bärenmünder formten sich zu großen Kreisen aus denen laute »Buh«-Rufe entwichen. »Charity Children« störte das nicht weiter, Sängerin und Gitarrist schwebten auf der Bühne in ihrer eigenen Blase. Blickten sich tief in die Augen und schickten ihren bluesigen Folk gen Himmel.

Dann wurde es richtig tierisch. Pinke Leggings, pinke Schuhe, pinkes Tutu, pinke Sonnenbrille, Flamingoschnabel auf dem Handschuh. Zwei Flamingofrauen betraten die Bühne und schütteten gefühlte 3000 Kilogramm Konfetti über die Tanzbären im Publikum aus. Die fanden das super, yolo und geilo, denn zuständiger Herr über die Flamingos war MC Fitti. Außer Konkurrenz spielte der, bei Bären zurzeit offenbar angesagteste Youtube-, Facebook-, Social Media-Star. Viele schienen überhaupt nur wegen ihm gekommen zu sein an diesem Abend. Plötzlich gab es kein Halten mehr. Animalisch sprangen die Zuschauer-Bären auf und ab, suhlten sich in der Bierdusche des Meisters und lagen sich in ihren bärigen Armen. Dass danach noch der Gewinner gekürt werden sollte, interessierte kaum noch einen. Die Moderatorin versuchte die Zuschauer zurück auf die Tanzfläche zu locken. Mürrisch trotteten einige zurück und ließen sich zu einem müden Applaus hinreisen. Gewonnen hat übrigens »Otto Normal«, aber egal, hauptsache die Bären hatten Spaß.

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