Stornokosten selbst zahlen?

Reiserecht: Urlaub wegen Depressionen abgesagt

  • Lesedauer: 2 Min.

Im Frühjahr 2012 buchte ein Münchner Paar eine Pauschalreise nach Mexiko für 3481 Euro und schloss gleichzeitig eine Reiserücktrittsversicherung ab. Die Versicherungsbedingungen enthielten eine Klausel, die Versicherungsschutz bei einem Reiserücktritt wegen einer psychischen Erkrankung ausschloss.

Einige Wochen nach der Buchung des Urlaubs wurde bei dem Mann eine Depression diagnostiziert. Sie machte es ihm unmöglich, nach Mexiko zu fliegen. Das Paar sagte die Reise ab.

Der Reiseveranstalter berechnete dem Paar Stornokosten von 2161 Euro. Den Betrag verlangten die verhinderten Urlauber von der Reiserücktrittsversicherung. Der Leistungsausschluss für psychische Erkrankungen sei unwirksam, denn die Klausel im Vertrag sei überraschend, meinte das Ehepaar.

Dem widersprach das Amtsgericht München mit Urteil vom 12. Juni 2013 (Az. 172 C 3451/13). In den Versicherungsbedingungen werde sehr deutlich auf die Ausschlussklausel hingewiesen. Sie sei auch klar und verständlich formuliert.

Der Begriff »psychische Erkrankung« gehöre zum allgemeinen Sprachgebrauch. Das sei kein spezieller Fachbegriff, den Versicherungsnehmer nicht verstünden. Kunden müssten beim Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung ohnehin damit rechnen, dass nicht alle denkbaren Ereignisse versichert seien.

Das Versicherungsunternehmen könne grundsätzlich frei bestimmen, wie der Umfang des Leistungskatalogs aussehen solle. Der müsse nur eindeutig definiert sein. Einschränkungen dürften außerdem nicht den Zweck des Versicherungsvertrags gefährden, dem Versicherungsnehmer das versicherte Risiko (im definierten Umfang) abzunehmen.

In diesem Falle könne jedoch keine Rede davon sein, dass der Vertrag durch den Leistungsausschluss für die Versicherungsnehmer zwecklos werde. Der Versicherungsschutz umfasse alle plötzlich und unerwartet auftretenden physischen Erkrankungen der Versicherungsnehmer, sei also weit gespannt.

Der Leistungsausschluss psychischer Erkrankungen ist im Interesse des Versicherers, der möglichst nur für objektiv fassbare, unproblematisch zu diagnostizierende Krankheiten zahlen will. Er diene aber auch den Kunden: Denn der Ausschluss objektiv kaum zu erfassender Krankheiten kommt durch günstige Tarife den Versicherungsnehmern zugute. jur-press

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