Keine Kohle mit der Kohle

Kritische Aktionäre attackieren Rohstoffindustrie und deren Finanziers

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Heute findet in Köln das Jahrestreffen der Kritischen Aktionäre statt. Schwerpunkthemen sind die globalen Auswirkungen der Kohleförderung und die Stärkung des kritischen Aktionärstums durch Internationalisierung, Vernetzung und Verzahnung.

Wenn er auf Hauptversammlungen von Konzernen spricht, die vermutlich oder definitiv Steinkohle aus den US-amerikanischen Appalachen importieren oder deren Abbau finanzieren, dann schmuggelt Paul Corbit Brown stets einen Viertelliter Wasser in den Saal. Er schüttet es am Rednerpult in ein Glas. Und zeigt es den Aktionären und Vorständen. Das Wasser schimmert bräunlich und wirkt schmutzig.

Verschmutztes Wasser ist ein Sinnbild, aber nicht das einzige Problem beim Kohleabbau im US-Bundesstaat West Virginia: Die dortigen Bergbauunternehmen sprengen ganze Bergkuppen ab, mittlerweile 500, um möglichst billig an die Steinkohleflöze heranzukommen, die viele Berge in der von Armut geprägten Bergbauregion durchziehen. Tausende Hektar einst dicht bewaldeter Landschaft wurden zerstört.

Brown verweist zudem auf zwei Dutzend Studien zu den Gesundheitsfolgen. »Wir leiden und sterben, weil wir den Giften des Kohleabbaus und den Bergspitzensprengungen ausgesetzt sind.« Der Sohn eines Bergmanns will aufklären, Druck aufbauen - und die Finanziers der Bergbauunternehmen überzeugen, kein Geld mehr zu geben. Und sei es nur aus Eigeninteresse, nämlich aus Angst vor Imageschaden und daraus resultierenden geschäftlichen Nachteilen. »Das Ziel unserer Arbeit ist, Kohle als Energiequelle zu stoppen«, betont der US-Aktivist.

Am Montag wird er sich mit Vertretern der US-Dependance der Royal Bank Of Scotland zum Gespräch treffen. »Die Kohleindustrie kann nicht ohne die Banken existieren«, pflegt Brown zu sagen. Heute wird ihm und der NGO »Keeper of the Mountains« (»Bewahrer der Berge«), der Brown vorsteht, der Henry-Mathews-Preis des Dachverbandes der Kritischen Aktionäre verliehen.

Normalerweise »stören« die Kritischen Aktionäre die Jahreshauptversammlungen von Konzernen mit kritischen Reden zur Geschäftspolitik drinnen und Aktionen draußen vor den Hallen. Zudem ermöglichen sie Aktivisten wie Paul Corbit Brown, dort zu sprechen, schließlich besitzen sie Aktien und genießen daher Rederecht auf den Treffen, die sich ansonsten eher um Renditen drehen. Doch einmal im Jahr treffen die Kritiker auch untereinander zusammen, um zu beraten, wie es weiter geht mit der spezifischen Form der Konzernkritik. Neben dem Dachverband und seinen auf Einzelunternehmen wie Daimler oder Bayer spezialisierten Mitgliedsorganisationen kommen befreundete Verbände und Einzelpersonen nicht nur aus Deutschland zum Jahrestreffen.

Im Internationalen Zentrum in der Kölner Stolzestraße steht heute die Kohleindustrie im Mittelpunkt. Neben den Appalachen werden auch das bei Köln liegende Rheinische Braunkohlerevier - dank RWE die klimaschädlichste Region Europas - und der neue Rohstoffgigant Glencore Xstrata »gewürdigt«. »Kohle machen mit Kohle - Konzerne und der Raubbau an Mensch und Natur« ist der Tagesordnungspunkt überschrieben.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die »Stärkung des Kritischen Aktionärstums«. Das betrifft die bessere Vernetzung und Kooperation mit verwandten Gruppen, die weitere Internationalisierung der Bewegung und die stärkere Verzahnung einzelner Aktionsformen und Methoden. »Wir wollen ein globales Netzwerk in Gang setzen«, sagt Markus Dufner, der Geschäftsführer des Dachverbands. Auch soll Otto Normalaktionär ermutigt werden, sich kritisch zu Wort zu melden.

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