Das Gewissen Hollywoods

Stanley Kramer 100.

  • Marc Hairapetian
  • Lesedauer: 2 Min.

Einer der größten Cineasten, der sich aufgrund seiner jüdischen Herkunft auch immer wieder künstlerisch mit Deutschland auseinandergesetzt hat, würde am Sonntag seinen 100. Geburtstag feiern: Stanley Kramer (29.9.1913 bis 19.2.2001, Foto: dpa/Reisfeld) war der erfolgreichste Independent-Filmemacher Hollywoods, geachtet und verehrt sogar in Zeiten des Kalten Krieges in den Staaten des real existierenden Sozialismus. Sein ausgeprägtes ethisches Bewusstsein trat schon in der Tätigkeit als reiner Produzent in den Vordergrund: »Der letzte Musketier« (1950), »Zwölf Uhr mittags« (1952) und »Die Caine war ihr Schicksal« (1954) bedienten sich zwar unterschiedlicher Genres, stellten aber allesamt den Kampf des Einzelnen mit den von der Gesellschaft vorgegebenen Normen und Werten ins Zentrum.

Immer wieder versammelte der »Überzeugungstäter«, der 1955 mit dem Mediziner-Drama »Und nicht als ein Fremder« sein Regie-Debüt gab, das »Who is Who« der internationalen Schauspielkunst vor der Kamera. Er entdeckte Marlon Brando, Grace Kelly und Kirk Douglas und führte Gary Cooper und Maximilian Schell zum Oscar. Das Werk Kramers kennzeichnet ein unumstößlicher Glaube an die Grundwerte der Goethe›schen Triade. Seine Parabeln sind von dem, was wahr ist, schön und gut, durchzogen.

Im »Urteil von Nürnberg« etwa ließ er bei der Weltpremiere im Berliner Zoo-Palast 1961 unter den Augen Willy Brandts durch Spencer Tracy als weisen Richter verkünden: »This is what we stand for: justice, truth and the value of a single human being.« »Das Narrenschiff« (1965, soeben als deutsche DVD erschienen) verwob Einzelschicksale am Vorabend des II. Weltkriegs ineinander. Das durch seine detaillierte Vielseitigkeit beeindruckende Meisterwerk avancierte in der DDR zum Kultfilm und verschaffte Kramers Lieblingsschauspieler Oskar Werner Weltruhm. Trotz gegenseitiger Wertschätzung lehnte es Werner danach aber ab, im »Geheimnis von Santa Vittoria« (1968) einen »guten Nazi« zu spielen. Den Part übernahm dann Hardy Krüger.

Der sozialkritische Humanist Kramer, eine Art Vorläufer von Oliver Stone, rührte immer wieder am politisch Brisanten: Etwa thematisierte »Flucht in Ketten« 1958 die gescheiterte Rassenintegration in den USA, »Das letzte Ufer« (1959) warnte vor einem Atomkrieg.

Auch wenn der Prophet im eigenen Land wegen seiner links-liberalen Haltung als »Antiamerikaner« und »Moralist« angeprangert wurde, belohnte Hollywood seine Filme mit 80 Oscar-Nominierungen und 16 gewonnenen Statuetten. Den Regie-Oscar erhielt Kramer allerdings nie. Dafür werden jetzt in seinen Namen Preise vergeben: Die Schauspielerin Sharon Stone wurde 2013 mit dem Stanley Kramer Social Artist Award beim Filmfest in Catalina ausgezeichnet.

www.stanleykramer100.com

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