Ein großer Name

Die Erinnerungen des Georg Ebert

  • Norbert Podewin
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Familienname ist untrennbar mit deutscher Zeitgeschichte verbunden. Wo immer sich der Autor erstmals namentlich vorstellt, kommt die unvermeidbare Gegenfrage: »Sind Sie ... ?« Ja, Georg Ebert ist Enkel des Weimarer Reichspräsidenten und Sohn des Berliner Nachkriegs-Oberbürgermeisters. Und auch er selbst machte eine »professionelle« Parteikarriere. Diese begann 1955 und führte ihn über die Aspirantur an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPdSU an die Parteihochschule »Karl Marx« beim ZK der SED.

Die Chefin der im parteiinternen Jargon »Rotes KIoster« betitelten Kaderschmiede lud den Neuzugang zum Gespräch, was einer Auszeichnung gleichkam: »Hanna Wolf, zu jener Zeit im Alter von 52 Jahren, war von kleiner gedrungener Gestalt, was aber ihrer Autorität keinen Abbruch tat. Nicht selten zuletzt auf Grund ihrer guten Beziehungen zum Generalsekretär der SED Walter Ulbricht, der sie aus der Zeit der Emigration kannte, galt sie schon damals als graue Eminenz in der Parteiführung.« Die SED-Parteihochule genoss Anerkennung in der internationalen kommunistischen Bewegung. »Zu meinen eindrucksvollsten Erlebnissen gehörte ein Aufenthalt an der Parteischule der Kommunistischen Partei Österreichs in Wien«, schreibt Georg Ebert. »1975 fuhr ich mit einer SED-Delegation ins Saarland und lernte dort die Familie Erich Honeckers kennen.«

In der Umbruchszeit Ende 1989/Anfang 1990 wollte die nunmehrige SED/PDS ihr Lehrinstitut durchaus erhalten - als Stätte der Begegnung und Öffentlichkeitsarbeit. Doch daraus wurde nichts. »Am 30. Juni 1990 endete meine Tätigkeit an der Zentralen Parteischule der PDS. Ich war mit meiner Zustimmung gekündigt - in einem Alter von gerade einmal 59 Jahren. Was nun?« Die Stellensuche geriet dem Exmittierten wie zahllosen DDR-Aktiven zur Nullnummer. Seinen Rettungspfad fand er in der Kommunalpolitik in Glienicke. Georg Ebert reflektiert die komplizierten Gespräche zwecks neuer Koalitionen. Der Zuzug von »Wessis« sowie Enteignungs- und Rückübertragungsansprüche bargen nicht wenig Sprengstoff. Die Jahre 1993 bis 2001 als Abgeordneter und zugleich Vorsitzender der Gemeindevertretung nennt Georg Ebert eine »Lehrzeit«, von der er nach Umzug in anderes Berlin-Umland in einer weiteren Volksvertretung profitierte. Georg Ebert setzt sich zudem vehement für den Erhalt und die kulturelle Pflege im »Förderkreis Erinnerungsstätte der deutschen Arbeiterbewegung Berlin-Friedrichsfelde« ein, deren 2. Vorsitzender er seit der Jahrtausendwende ist.

Rückblickend auf seine vergangenen Lebensjahrzehnte bilanziert Georg Ebert: »Alles in allem liegt eine aufregende Zeit hinter mir. Die sozialistische Idee war und bleibt meine Lebensutopie. Ich habe mehrere Gesellschaftsordnungen durchlebt und kann immer noch sagen, dass die DDR mein Zuhause war.«

Norbert Podewin

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