Undiplomatische Fortbewegung

Botschaftsangehörige missachteten die Verkehrsregeln so häufig wie noch nie

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 2 Min.

Im Berliner Straßenverkehr verhalten sich Angehörige von Botschaften nicht gerade diplomatisch zurückhaltend. Im vergangenen Jahr wurden sie so oft bei Verstößen gegen die Verkehrsregeln erwischt wie noch nie - 20 714 Mal. Das ist ein Plus von etwa zehn Prozent. Und das, obwohl die Zahl der Autos mit Diplomatenkennzeichen 2012 gegenüber dem Vorjahr um 55 auf 2825 gesunken ist. Hauptdelikt ist Falschparken, wie Innensenator Frank Henkel (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Abgeordneten Peter Trapp mitteilte.

Als größte Verkehrsrüpel sind Diplomaten aus Saudi-Arabien aufgefallen, die schon seit Jahren die Statistik anführen, gefolgt von denen aus Russland, Iran, China, Libyen und den USA. Iran und Libyen haben mit 39 bzw. 23 relativ wenige Fahrzeuge in Berlin angemeldet. Dass sie dennoch so häufig auffallen, sagt einiges über die Verkehrsdisziplin ihrer Fahrer aus. Die anderen Länder aus der Spitzengruppe haben mit teilweise deutlich über 100 Autos die größten Fuhrparks, der der USA ist zehn Mal so groß wie der der Libyer. Obwohl auch die Vereinigten Arabischen Emirate und Frankreich jeweils rund 100 Autos in Berlin zu fahren haben, tauchen sie nicht im Vorderfeld der Sünderkartei auf. Konkrete Zahlen zu den Verstößen von Fahrern der einzelnen Botschaften nennt der Innensenator nicht, vermutlich aus diplomatischen Gründen.

Konsequenzen müssen die Verkehrssünder nicht befürchten. Die diplomatische Immunität schließe jegliche Strafverfolgung aus, so Henkel. Ermittlungsverfahren werden regelmäßig eingestellt, Ordnungswidrigkeiten nicht verfolgt. Der Landeskasse sind so rund 300 000 Euro allein durch nicht eingetriebene Verwarnungsgelder entgangen, zehn Prozent mehr als 2011.

Doch nicht nur Falschparker oder Raser kommen ungeschoren davon, sondern auch Unfallverursacher. Mitarbeiter des diplomatischen Corps und internationaler Organisationen waren in 64 Verkehrsunfälle verwickelt. 22 Menschen wurden dabei leicht verletzt. In den meisten Fällen hielten es die Botschaftsangehörigen nicht mal für nötig, auf die Polizei zu warten. »In 40 Fällen lag der Verdacht eines unerlaubten Entfernen vom Unfallort vor«, so der Senator.

Der CDU-Abgeordnete Peter Trapp konstatierte eine »schlimme Entwicklung«. »Die Normen des Gastlandes einzuhalten, gehört sich einfach. Alles andere macht keinen guten Eindruck.« Die Verstöße stiegen von Jahr zu Jahr an. Trapp forderte das Außenministerium nun auf, die ausländischen Vertretungen erneut zu mahnen. Das hatte schon einmal kurzfristig funktioniert, als 2007 auffällig gewordene Länder »um Beachtung der Straßenverkehrsordnung«gebeten wurden. Seit 2009 steigen die Zahlen aber wieder an.

In diesem Jahr zeichnet sich eine leichte Verbesserung ab. Im ersten Quartal wurden von Diplomaten 4823 Verkehrsverstöße begangen, sieben Prozent weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum.

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