Deutsche Unzuständigkeiten

Katja Herzberg über den Streit um die Beerdigung Erich Priebkes

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 1 Min.

Die Bundesregierung fühlt sich im Fall des NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke einmal mehr nicht zuständig. Diesmal geht es um die Beisetzung des am Freitag Verstorbenen. Ob und wenn ja, wo der einstige SS-Soldat ein Grab bekommen wird, will Deutschland laut Äußerungen des Auswärtigen Amtes nicht mitentscheiden.

Sich raushalten und nicht für die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes einstehen, das ist die eigentliche deutsche Kontinuität. Erst konnte Priebke Jahrzehnte lang unbehelligt in Argentinien leben. Dann mussten ihn die Italiener verurteilen und für seinen Hausarrest aufkommen. Nun will sich Deutschland nicht einmal an der Beseitigung der sterblichen Überreste seines Staatsangehörigen beteiligen. Dabei gibt es Wege, die Bestattung diskret abzuwickeln, wie die Vergangenheit gezeigt hat: eine Grabstätte mit falschem Namen oder im Meer, wie einst mit Adolf Eichmann geschehen bzw. zuletzt mit Osama bin Laden. Da mischte die Bundesregierung nach eigenen Angaben übrigens auch nicht mit.

Entscheidend ist aber nicht, wie Priebke beerdigt wird, sondern wie lange das Gedankengut, das er bis zuletzt vertreten hat - darunter die Leugnung der Shoah - fortleben wird. In Deutschland, Italien und der ganzen Welt. Dafür trägt jede Bundesregierung ein Stück Verantwortung.

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