Nannys, Wohnungssucher, Dolmetscher

Feel-good-Manager sorgen fürs gute Arbeitsklima

  • Barbara Driessen
  • Lesedauer: 3 Min.
Hilfe bei der Wohnungssuche, Ausflüge zur Kart-Bahn - in einigen Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die allein damit beschäftigt sind, den anderen den Arbeitsalltag angenehmer zu machen.

Sarah Hoffmann bringt ihre Aufgaben so auf den Punkt: »Ich will mich ganzheitlich um die Mitarbeiter kümmern. Sie sollen sich extrem wohlfühlen.« Die 29-Jährige ist weder Yogalehrerin noch Gourmetköchin, sondern studierte Betriebswirtin mit psychologischer Zusatzausbildung. Sie arbeitet als sogenannte Feel-good-Managerin für die Berliner Hitfox-Group, die junge Start-up-Unternehmen mit Know-how und Infrastruktur unterstützt. Hoffmann kümmert sich um alles, was für ein angenehmes Betriebsklima wichtig sein könnte.

Sie veranstaltet gemeinsame Sportausflüge zum Go-Kart-Fahren oder Beachvolleyball und lädt regelmäßig zum Tischkickerturnier ein. Sie organisiert Kochkurse und Grillabende und besorgt vergünstigte Mitgliedschaften in Fitnessstudios. Hoffmann hat sogar eine »gute Fee« in Person einer Assistentin parat, die auf Wunsch mit dem Wohnungsschlüssel zu den Mitarbeitern nach Hause fährt, um Handwerker oder Telefontechniker hereinzulassen. Sie übernimmt es auch, mal schnell für jemanden zur Reinigung zu gehen oder einen Blumenstrauß zu besorgen.

»Die Trennlinie zwischen Privatem und Arbeit verschwimmt gerade im Start-up-Umfeld häufig. Darauf müssen sich auch die Unternehmen einstellen«, sagt Hoffmann. Und die Mitarbeiter erwarteten auch mehr als das monatliche Gehalt: »Bei Rekrutierungsgesprächen fragen die Bewerber oft explizit nach, was das Unternehmen außer den monetären Leistungen noch alles zu bieten hat«, sagt sie.

Gerade im Online- und im Programmierbereich für Spiele seien gute Mitarbeiter heiß begehrt, sagt Gitta Blatt (47). Sie ist Personalchefin des Berliner Spieleentwicklers Wooga und kümmert sich gleichzeitig mit fünf Feel-good-Managern in ihrem Team um das Wohlbefinden der mehr als 250 Mitarbeiter. Wooga sei ständig auf der Suche nach neuen internationalen Talenten, sagt sie. Und um die für das Unternehmen zu gewinnen, tut man einiges.

Ausländische Neuzugänge bekommen das Rundum-sorglos-Paket: »Wir holen sie vom Flughafen ab und bringen sie zu einer unserer 16 möblierten Wohnungen, in der sie die ersten sechs Wochen umsonst wohnen können«, sagt Blatt. Ein in Vollzeit beschäftigter »accommodation officer« - zu deutsch etwa Eingliederungsmitarbeiter - hilft dann bei der Wohnungssuche, geht mit zu Behörden und zur Bank, dolmetscht und kümmert sich etwa um den Internet- und Telefonanschluss. Betriebssprache bei Wooga ist Englisch, das Durchschnittsalter liegt bei 29 Jahren.

Wooga kooperiert zudem mit Kitas, um Familien die Kinderbetreuung zu erleichtern. Und sogar einen Nanny-Notfall-Service gibt es: Bei Krankheit oder anderen Notfällen können Eltern auf professionelle mehrsprachige Kindermädchen zurückgreifen. »Die Bedürfnisse und Interessen unserer Mitarbeiter sind alle unterschiedlich, und wir versuchen, darauf einzugehen«, sagt Blatt.

Das Unternehmen hält seinen Mitarbeitern also den Rücken frei, damit sie sich nur noch auf den Job konzentrieren? Es spreche nichts dagegen, den Beschäftigten die Arbeit so angenehm wie möglich zu machen, meint Arbeits- und Organisationspsychologe Thomas Rigotti von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

»In deutschen Unternehmen gibt es einen Nachholbedarf an nachhaltigen Programmen, die über die üblichen Ansätze wie Stressmanagement, Sport und gesunde Ernährung hinausgehen.« Es sei wichtig, dass Firmen hier Verantwortung übernähmen, urteilt Rigotti: »Schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen lohnt es sich, in die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu investieren.« Psychische Erkrankungen wie Burn-out nähmen immer weiter zu, und Ausfälle kosteten Geld. Allerdings müsse das Feel-good-Programm auch wirklich den Bedürfnissen der Mitarbeiter entsprechen: »Wenn gemeinsame Aktionen zum sozialen Pflichtprogramm werden, dann verursacht das zusätzlichen Stress.« epd

Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal