Nur ein Drittel beantragte BAföG

In Thüringen sinkt Nachfrage nach Studienfinanzierung deutlich

  • Lesedauer: 3 Min.
Nur noch eine Minderheit der Thüringer Hochschüler bemüht sich um BAföG. Das liegt vor allem an der Struktur der Studentenschaft.

Jena. Die Zahl der BAföG-Anträge von Thüringer Studenten geht deutlich zurück. Hauptgründe sind der Rückgang der Abiturientenzahlen und der wachsende Anteil von Studenten aus den alten Bundesländern. »Dort ist die Antragsquote deutlich niedriger«, sagte Gottfried Krebs, Abteilungsleiter Studienfinanzierung des Thüringer Studentenwerkes. Hinzu komme, dass seit 2001 die Bedarfssätze und Freibeträge der Studierenden nur einmal angepasst worden seien.

Laut Krebs wird auch in diesem Semester die Zahl der Antragsteller deutlich unter 50 Prozent der Studienanfänger liegen. Im Vorjahr hatten von rund 52 000 Thüringer Studenten etwa 18 000 eine Förderung beantragt. Rund 14 000 bekamen einen positiven Bescheid.

Die Zahl der Strafanzeigen wegen BAföG-Betrügereien ist laut Krebs ebenfalls rückläufig und mittlerweile überschaubar. Noch vor zehn Jahren habe eine erhebliche Anzahl von Antragstellern unzutreffende Angaben gemacht. Vor allem seien Konten nicht angegeben worden, um die Steuerfreibeträge für Kapitalvermögen nicht zu überschreiten.

Die hohe Zahl von mehr als 1200 Verfahren mit einer durchschnittlichen Schadenssumme von 3700 Euro ergab sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, die schwerpunktmäßig zuständig ist, durch den Datenabgleich von Finanzbehörden und BAföG-Ämtern, die es seit 2002 gibt. Zwischen den Jahren 2004 und 2007 war in 24 Fällen Anklage bei Thüringer Amtsgerichten erhoben worden. Jedes fünfte Verfahren war an Staatsanwaltschaften außerhalb Thüringens abgegeben worden.

»Der Normalfall ist der ehrliche Student«, sagte Krebs. Das Studentenwerk habe in den vergangenen Jahren 10 000 Fälle nachträglich geprüft. Daraus ergaben sich Rückzahlungsbeträge zwischen 80 und 90 Millionen Euro - etwa zehn Prozent der BAföG-Ansprüche. Die Vermögensüberprüfung ist laut Krebs »mittlerweile ein Nebengeschäft«. Vier bis acht Wochen dauere die Bearbeitung eines BAföG-Antrages, erklärte Krebs. Wer nicht so lange warten könne, müsse einen Vorschuss beim Studentenwerk beantragen. Diese Möglichkeit sei im Vorjahr in 941 Fällen in Anspruch genommen worden.

Indessen wird die Einhaltung der Regelstudienzeit nach Meinung der Konferenz Thüringer Studierendenschaften (KTS) für die Mehrzahl der Studenten zu einem hohen Hindernis. Nur die Hälfte der Bachelorstudenten in Thüringen habe im Jahr 2012 ihre Ausbildung nach sechs Semestern beendet. Thüringen liege damit unter dem Bundesschnitt von 53 Prozent, erklärte KTS-Sprecher Christian Schaft. Das Hauptproblem liegt nach Meinung der Studenten in mangelhaften Lehrplänen, die überarbeitet werden müssten. Die Arbeitsbelastung mit Pflichtveranstaltungen und Praktika sei vielfach zu hoch, um das Pensum in der Regelstudienzeit zu bewältigen. Außerdem müssten viele Studenten ihr Studium parallel mit Jobs finanzieren, sagte Schaft.

Mit einem Semester mehr schafften es 2012 drei Viertel (75 Prozent). Ein Jahr zuvor waren es noch 53 beziehungsweise 79 Prozent. Bei den Studenten mit Masterabschluss schafften 41 Prozent den Abschluss 2012 in der Regelstudienzeit. 2011 war es noch die Hälfte. Schaft bezog sich bei den Zahlen auf eine Antwort vom Thüringer Bildungsministerium. Die KTS sich deshalb gegen die Regelstudienzeit als »Qualitätsindikator für die vermeintlich optimale Dauer eines Studiums« aus. dpa/nd

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