Große Koalition erwägt Vergrößerung des Kabinetts

SPD fordert bis sieben bis acht Ministerien / Union will Rechte des Bundestags bei Militäreinsätzen einschränken / Schäuble: Definitiv keine Steuererhöhungen

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Berlin. Im Falle einer Großen Koalition könnte es zu einer Vergrößerung des Bundeskabinetts kommen. Die Sozialdemokraten fordern einem Bericht zufolge sieben bis acht Ministerien in einem schwarz-roten Regierungsbündnis. Sowohl in internen SPD-Runden als auch in Beratungen mit CDU und CSU sei darüber gesprochen worden, schreibt die »Welt am Sonntag«. Die Sozialdemokraten hätten ihre Forderung damit begründet, dass die FDP 2009 mit einem schwächeren Ergebnis fünf Ressorts zugesprochen bekommen habe.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Kauder, schließt demnach eine größere Ministerrunde nicht aus. Die Regierung werde nach der Notwendigkeit der Aufgaben bestimmt. Mit einer ähnlichen Formulierung hatten Union und SPD auch zwei zusätzliche Bundestags-Vizepräsidenten aus den eigenen Reihen begründet.

Einem Bericht des »Spiegel« zufolge erscheint es der SPD-Spitze mittlerweile attraktiver, statt des Finanzressorts der Union Zusagen in mehreren anderen Bereichen abzuhandeln. Im Gegenzug besteht in der SPD Interesse an einem siebten Ministerium, auch der Zugriff auf das Verkehrsressort wird als wichtig angesehen.

Außerdem wurde bekannt, dass die Union die Mitwirkungsrechte des Bundestags bei Auslandseinsätzen einschränken will. Eine entsprechende Forderung habe Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD am vergangenen Freitag erhoben, berichtet der »Spiegel«. Es gehe darum, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa zu erleichtern, sagte er dem Magazin zufolge, das sich auf Teilnehmer der Runde berief.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier entgegnete demnach, seine Partei sehe keinen Anlass für eine Gesetzesänderung. Nach den Vorstellungen des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Andreas Schockenhoff (CDU), der der Verhandlungsgruppe angehört, sollen bestimmte Einsätze im EU-Rahmen von der Bundesregierung ohne das Plazet des Parlaments beschlossen werden können. Dem Bundestag bliebe dann nur ein Rückholrecht.

Derweil geht die Diskussion über Steuererhöhungen weiter. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte erneut an, bei den Koalitionsverhandlungen der Forderung aus der SPD eine klare Absage zu erteilen. Steuererhöhungen bezeichnete Schäuble als kontraproduktiv. Auf Fragen, ob dies auch für Verbrauchssteuern oder den Abbau von Steuervergünstigungen gelte, antwortete der CDU-Politiker: »Keine Steuererhöhungen meint keine Erhöhung irgendeiner Steuer. Die Zusage der Union, dass es keine Steuererhöhungen geben soll, gilt auf jeden Fall.«

»Keine neuen Schulden mehr zu machen, ist für uns als Union der Kern einer stabilen Finanzpolitik«, sagte Schäuble dem »Focus«. Man wolle »nächstes Jahr die strukturelle Null und 2015 überhaupt keine neuen Schulden mehr machen und dies dann halten.« Trotzdem ergebe sich aus der mittelfristigen Finanzplanung bis 2017 ein gewisser Spielraum für zusätzliche Ausgaben.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder hat erneut Bedingungen für eine große Koalition mit der SPD genannt. CDU und CSU seien »zu einer kleinen Erhöhung des Pflegebeitrags bereit«, doch werde es »keine Erhöhung des Rentenbeitrags geben - ganz gleich, was da gerade an neuen Leistungen diskutiert wird«, sagte Kauder der »Welt am Sonntag«. Das werde in den Koalitionsvertrag aufgenommen. »Über die anderen Wünsche - eine Aufstockung für Geringverdiener oder eine Angleichung der Ost-Renten - werden wir verhandeln«, sagte er. »Die Grenze lautet: Keine Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge.«

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig forderte unterdessen von der Union Kompromissbereitschaft beim Betreuungsgeld. »Ich erwarte, dass es keine Tabus in den Verhandlungen gibt. Auch über das Betreuungsgeld müssen wir ernsthaft verhandeln«, sagte Schwesig der »Bild am Sonntag«. Das Betreuungsgeld sei »ein offener Streitpunkt in den Verhandlungen«. Ein Kompromiss könnte nach Überzeugung Schwesigs auch die Klage des SPD-regierten Hamburgs gegen das Betreuungsgeld überflüssig machen.

Beim Streit um einen gesetzlichen Mindestlohn beharrte die SPD-Politikerin auf eine identische Höhe in Ost und West: »Gerade die vielen niedrigen Löhne in Ostdeutschland sind der Grund, dass wir einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro brauchen.« So würden Menschen vor Armut und Unternehmen vor Billiglohnkonkurrenz geschützt. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union solle sie darüber hinaus die Einführung einer Frauenquote bis 2017 durchsetzen, kündigte Schwesig an. »Um die Aufstiegschancen zu verbessern, brauchen die Frauen in Deutschland noch in dieser Legislaturperiode die Quote.« Agenturen/nd

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