Australiens »bittersüßer« Abzug

Premier Abbott erklärte Einsatz seines Landes in Afghanistan für beendet

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.
Australien zieht seine Truppen aus Afghanistan ab. Regierungschef Abbott nannte das Ende des längsten Kriegseinsatzes des Landes »bittersüß«. 200 Schulen wurden von den Streitkräften errichtet.

Australiens Regierungschef Tony Abbott hat bei seinem ersten Besuch in Afghanistan den australischen Kriegseinsatz für beendet erklärt. Australien wird bis Ende des Jahres sämtliche Truppen aus dem nach wie vor nicht befriedeten Land abziehen. Der Einsatz in Afghanistan war der längste Kriegseinsatz, in den Australien je involviert war.

»Australiens längster Krieg geht zu Ende«, sagte Premierminister Abbott, als er die Truppen verabschiedete. »Nicht mit einem Sieg, nicht mit einer Niederlage, aber - wie wir hoffen - mit einem Afghanistan, das durch unsere Präsenz hier besser geworden ist.« Australien trat dem Konflikt in Afghanistan bereits 2001 bei, um die USA bei ihrer Jagd nach den Al-Qaida-Verantwortlichen der Terroranschläge vom 11. September zu unterstützen. Australien ist - wie auch Neuseeland - mit den USA seit 1951 im ANZUS-Abkommen in einer militärischen Allianz verbunden, in der sich die Länder ähnlich wie die NATO-Staaten im Nordatlantikvertrag gegenseitige militärische Unterstützung zusagen.

In seiner Ansprache nannte Abbott den Truppenabzug »bittersüß«. Hunderte Soldaten kämen nun zwar noch vor Weihnachten nach Hause, doch andere hätten ihre Söhne, Väter und Partner verloren. Australien zahlte wie andere westliche Länder in dem schwer zugänglichen Land einen hohen Preis. Im Kampf gegen die Taliban und bei dem Versuch, eine neue Nation aufzubauen, verlor das Land 40 Soldaten. 260 weitere wurden bei dem Kriegseinsatz in den vergangenen zwölf Jahren verletzt. Insgesamt hatten 20 000 Australier in Afghanistan gedient.

Der australische Regierungschef war sich jedoch auch bewusst darüber, dass er kein befriedetes, demokratisches Land zurücklässt. Seine Soldaten hätten zwar ein »wunderbares« Bild ihrer selbst hinterlassen, doch Afghanistan bleibe trotz allem ein gefährlicher Ort, sagte er in seiner Ansprache. Auch der afghanische Innenminister Mohammad Omar Daudzai bedankte sich bei den Truppen, die 200 Schulen, Kliniken und Straßen zurücklassen.

Australien will auch nach dem Truppenabzug noch finanzielle Unterstützung für Afghanistan zur Verfügung stellen: 36 Millionen australische Dollar (25 Millionen Euro) sollen künftig in die Provinz Uruzgan fließen, um die Ausbildung von Kindern zu unterstützen, Hebammen zu trainieren und das Gesundheitswesen zu stärken. Außerdem sollen 2014 noch zwischen 300 und 400 Trainer und Berater in Kandahar und Kabul stationiert bleiben.

Neben Abbott nahm auch der Oppositionsführer der sozialdemokratischen Labor-Partei Bill Shorten an dem Besuch in Afghanistan teil. Seine Partei hatte den Truppenabzug im April 2012 angekündigt, als sie noch an der Regierung war. Die liberal-konservative Partei unter Tony Abbott bildet die Regierung erst seit den Parlamentswahlen im September dieses Jahres.

Die Truppen bereits 2013 und nicht wie vorgesehen 2014 aus dem Land abzuziehen, wenn die NATO den Truppenabzug plant, hatte die 2012 amtierende Premierministerin Julia Gillard bekannt gegeben. Sie begründete ihre Entscheidung damals damit, dass die afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage seien, die Verantwortung bereits früher als geplant zu übernehmen.

Neben den Australiern hat auch die Bundeswehr bekannt gegeben, dass sie noch im Oktober Truppen aus der Provinz Kundus abziehen will. Ihr Kampfeinsatz in Afghanistan endet aber erst mit dem Ablauf des kommenden Jahres.

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