Die Kette der 1000 Kraniche

  • Christa Nickels
  • Lesedauer: 2 Min.

Seit ich denken kann, treibt mich der Gedanke um, dass ein Wasserrohrbruch im Haus oder ein Blechschaden am Auto Leute in Wallung bringt, während menschengemachte Bedrohungspotenziale ungeheuren Ausmaßes nicht zur Kenntnis genommen werden. Nie habe ich mir einreden lassen, als einzelne könne man nichts bewegen. Schon immer bin ich der Meinung, dass Leid keine vernachlässigbare Größe politischen Handelns sein und erst recht nicht billigend als Folge politischen Handelns in Kauf genommen werden darf.

Darum habe ich mich seit den 1970er Jahren intensiv mit den Auswirkungen der zivilen und militärischen Nutzung der Atomtechnologie auseinandergesetzt. 1982 besuchte ich Hiroshima, sprach mit Überlebenden. Ich begleitete Professor Moritaki auf dem Weg, den er nach dem Abwurf der Atombombe durch die Stadt gegangen war. Und sprach auf einer Demonstration mit einer Million Menschen.

Ich entschloss mich, die Kette der 1000 Kraniche zur Nachrüstungsdebatte mit in den Plenarsaal zu nehmen, um sie Bundeskanzler Kohl zu überreichen. Überlebende der Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki hatten sie als Zeichen der Solidarität im Widerstand gegen den atomaren Wahnsinn bei ihrem Besuch nach Fulda mitgebracht. Fulda wäre im Fall eines Atomkriegs Zielort für Atomwaffen geworden. Der Kranich ist in Japan das Symbol für Glück, Segen und ein langes Leben. Die zwölfjährige Sadako Sasaki, Überlebende des Atombombenabwurfs, wollte 1000 Papierkraniche falten, in der Hoffnung, so die strahlenbedingte Leukämie zu überleben. Sie starb - aber Kinder aus Hiroshima und Nagasaki gründeten den »Thousand Crane Club«. Sie initiierten ein Denkmal für Sadako und senden Papierkraniche an Politiker in aller Welt als Zeichen dafür, dass Kinder weltweit Atombomben und Kriege verurteilen.

Bundeskanzler Kohl war nie in Hiroshima gewesen. Mit der Kranichkette und ihrer Geschichte wollte ich Realität und Botschaft der einstigen und hoffentlich nicht zukünftiger Opfer im Bundestag sichtbar machen. Er hat die Kette angenommen.

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