Justizminister in Not durch Knastanrufe

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Justizminister Volksmar Schöneburg (LINKE) soll einen Häftling begünstigt haben. Der Minister räumt ein, Anrufe des Mannes erhalten zu haben.

Justizminister Volkmar Schöneburg (LINKE) steht wegen angeblicher Begünstigung eines Häftlings unter Druck. Der Sexualstraftäter ist ein ehemaliger Mandant Schöneburgs, der früher als Rechtsanwalt arbeitete. Der Minister räumte am Donnerstag ein, persönlich die Verlegung des Mannes aus der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel gestoppt zu haben. Zugleich wies er den Vorwurf der Begünstigung aber zurück.

»Die vorgesehene Sicherheitsverlegung unter Zwang war unverhältnismäßig«, sagte Schöneburg. »Die Vorwürfe der Anstaltsleitung gegen den Häftling wegen Drogenhandels fußten größtenteils auf Vermutungen.« Der Minister räumte ein, dass er über Jahre immer wieder von seinem ehemaligen Mandanten auf dem Handy angerufen worden sei. Er habe sich die Nachrichten auf der Mailbox angehört, aber nie reagiert. Allerdings habe er versäumt, die Nummer sperren zu lassen: »Das war mein Fehler!«

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) stellte sich vor Schöneburg. Er sagte am Freitag: »Ich habe mit dem Justizminister gesprochen und gehe davon aus, dass der Justizminister die im Raum stehenden Vorwürfe aufklären und entkräften kann.« Am 19. Dezember soll der Minister in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses Stellung nehmen.

Schöneburg berichtete, der Häftling habe mit seinem Freund fast 30 Jahre lang eine Zelle geteilt. Dies sei gewährt worden, um einen Suizid oder eine Gefährdung anderer Häftlinge abzuwenden. 1999 waren die Männer freigekommen und hatten in Leipzig ein 13-jähriges Mädchen brutal vergewaltigt. Sie wurden im Jahr 2000 zu langjährigen Haftstrafen und Sicherungsverwahrung verurteilt. Ende November wurden sie getrennt, als der Freund nach Verbüßung der Haftzeit in die Sicherungsverwahrung verlegt wurde. Weil die Besuchszeiten ihrer Ansicht nach zu rigide waren, seien die Häftlinge nach der Trennung Anfang Dezember in einen Hungerstreik getreten, sagte Schöneburg. Auch in diesem Fall habe er eingegriffen und ein erneutes Gespräch mit der Anstaltsleitung und den Anwälten der Häftlinge vermittelt.

In der kommenden Woche soll Schöneburg nun auf Antrag der CDU im Landtag in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Er müsse den Verdacht ausräumen, Sexgangstern Sonderbehandlung gewährt zu haben, sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. Die FDP-Fraktion forderte den Rücktritt des Justizministers. dpa/nd

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