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Wildschwein»überfälle« und quietschbunte Hausfassaden

Nicht alltägliche Urteile

  • Lesedauer: 3 Min.
Wildschweine durchwühlen den Garten. Ein Maschendrahtzaun hält sie nicht ab: Nun muss die Vermieterin einen stabilen Zaun errichten.

Am Stadtrand von Berlin liegt das vermietete Anwesen mit riesigem Garten. Bis 2009 war das Gelände vollständig von einem Jägerzaun aus Holz umfriedet. In den folgenden Jahren ließ die Vermieterin den Holzzaun an einigen Stellen abreißen und durch einen Maschendrahtzaun ersetzen. Das erwies sich als fatal für die Gärtner - im nahen Waldgebiet hausen Wildschweine.

Den Maschendrahtzaun zu überwinden, war für die Tiere ein Leichtes: Mehrmals brachen sie durch und verwüsteten Pflanzen und Beete. Jedes Mal beschwerten sich die Mieter bei der Vermieterin: Der Maschendrahtzaun halte die Schweine nicht ab, sie müsse gegen die Schwachstellen im Zaun etwas unternehmen.

Nach dem siebten »Überfall« mit einschlägigen Folgen setzten die Mieter der Vermieterin eine Frist, in der sie die Mängel beheben sollte. Als sie darauf wieder nicht reagierte, zogen die Mieter vor Gericht. Das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Az. 15 C 25/12) verurteilte die Vermieterin dazu, den Garten mit einem stabilen Zaun zu sichern.

Vermieter müssten die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand halten. Im konkreten Fall: Die Vermieterin müsse den Maschendrahtzaun austauschen gegen einen Zaun, der die Wildschweine fernhalten und weitere Schäden im Garten verhindern könne. Zu den Schutzmaßnahmen, die geeignet seien, Wildschäden zu verhindern, gehörten Zäune mit einer Höhe von 1,20 Metern über der Erde und 30 Zentimetern in der Erde.

Eine bunte Fassade erregte. Mit Erfolg kämpfte ein Wohnungseigentümer gegen orangefarbene Streifen.

Als die Eigentümerversammlung das neue Farbkonzept für die Fassade der Wohnanlage beschlossen hatte, war Eigentümer X gerade im Urlaub. Jedenfalls focht er den Beschluss erst an, als das Kind schon in den Brunnen gefallen, sprich: die Fassade bereits renoviert war. An der einst so unauffällig hellgelb gestalteten Fassade prangten nun orangefarbene Kontraststreifen, die sich in jedem Stockwerk über alle Balkonbrüstungen hinwegzogen.

Das Landgericht München I (Az. 36 S 1982/12) gab der Klage von Eigentümer X statt und erklärte den einschlägigen Beschluss der Versammlung für ungültig. Dass sich der Eigentümer benachteiligt fühle, sei nachvollziehbar, fand das Landgericht München. Denn das Erscheinungsbild der Fassade sei völlig verändert.

Über die gesamte Breite der Wohnanlage habe man entlang der unteren Teile der Balkonbrüstungen die quietschbunten, orangefarbenen Streifen aufgemalt. Sie beherrschten das Erscheinungsbild des Gebäudes und drängten alle anderen Hauselemente optisch in den Hintergrund.

Verglichen mit der vorher einheitlich und ruhig gestalteten Fassade könne man diesen starken Kontrast durchaus als sehr störend empfinden.

Das habe nichts mit subjektiver Empfindlichkeit zu tun: Die Streifen änderten Eigenart und Charakter der Wohnanlage komplett. So drastisch-bunt dürfe man das Gebäude nur mit Zustimmung aller Eigentümer gestalten. jur-press

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