Abgeschaltet

Gerd Hennenhöfer ist nicht länger oberster Atomaufseher

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.

Atomkraftgegner und Oppositionspolitiker sind erleichtert. Ziemlich überraschend hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks ihren obersten Atomaufseher Gerald Hennenhöfer abberufen. Gründe dafür nannte die SPD-Politikerin nicht. Der 66-Jährige gilt zwar als Experte, doch gleichzeitig personifizierte er wie kaum jemand anders den »Atomfilz« - also die Verflechtung der Nuklearwirtschaft mit Teilen der Politik.

Hennenhöfer leitete seit 2009 die wichtige Abteilung Reaktorsicherheit im Bundesumweltministerium, die auch für die Durchsetzung sicherheitstechnischer Standards zuständig ist. Er bekleidete den Posten bereits zwischen 1994 und 1998 unter der damaligen Umweltministerin Angela Merkel (CDU), bevor er von deren Nachfolger Jürgen Trittin (Grüne) geschasst wurde. In Erinnerung bleibt vor allem Hennenhöfers Anweisung an Hessen, das pannengeschüttelte AKW Biblis trotz Bedenken der Landesregierung am Netz zu lassen.

Noch 1998 wurde Hennenhöfer Generalbevollmächtigter des Energiekonzerns Viag, der kurz darauf mit der Düsseldorfer Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks AG (VEBA) zu E.on fusionierte. Für die Industrie handelte er mit Rot-Grün auch den ersten »Atomausstieg« mit aus, der den Reaktoren statt fester Abschalttermine bestimmte Reststromkontingente und weitgehenden Bestandsschutz zubilligte.

2004 wechselte Hennenhöfer in die Anwaltssozietät Redeker, Sellner, Dahs, die auch den damaligen Asse-Betreiber Helmholtz-Zentrum vertrat. Die Zustände im maroden Bergwerk, so Hennenhöfers Rat, sollten gegenüber der Bevölkerung und dem Landtag in Hannover verheimlicht werden. Der gelernte Jurist hintertrieb nach Ansicht von Umweltschützern bis zuletzt die Bergung des Atommülls aus der Asse und befürwortete eine Flutung der Schächte. Hennenhöfer gilt zudem als ausdrücklicher Befürworter eines Endlagers in Gorleben. Aus Sicht der Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl ist die Entlassung Hennenhöfers für den Neustart in der Endlagersuche deshalb die »richtige Entscheidung.«

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