Snowden: Weitere prominente deutsche NSA-Ziele

Whistleblower gibt erstes Fernsehinterview: Der Geheimdienst geht dahin, wo die Daten sind / Kritik an Bundesregierung wegen Asylverwehrung

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Nach Einschätzung von Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ist Kanzlerin Angela Merkel (CDU) offenbar nicht das einzige prominente deutsche Lauschopfer der US-Geheimdienste gewesen. »Ich würde sagen, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass jemand, der sich um Absichten der deutschen Regierung sorgt, nur Merkel überwacht und nicht ihre Berater, keine anderen bekannten Regierungsmitglieder, keine Minister oder sogar Angehörige kommunaler Regierungen«, sagte Snowden in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem NDR.

Präzise Angaben wollte Snowden mit Hinweis auf seine schwierige Lage nicht machen. »Die technischen Möglichkeiten, die in niedrigen Sicherheitsstandards von Internetprotokollen und mobilen Kommunikationsnetzwerken liegen, wurden von Geheimdiensten dazu benutzt, Systeme zu schaffen, die alles sehen«, sagte er in dem Gespräch. »Die NSA geht dahin, wo die Daten sind. Wenn sie es schafft, Nachrichten aus den Telekommunikationsnetzen Chinas zu sammeln, wird es ihr vermutlich auch gelingen, an Facebook-Nachrichten in Deutschland ranzukommen.«

Russland hat ihm für ein Jahr Asyl gewährt, aber die Bedingung gestellt, dass er den USA keinen Schaden zufüge. Allerdings deutete Snowden an, dass er Informationen über eine Ausspionierung weiterer deutscher Politiker an Journalisten weitergegeben hat. Es sei ihm »lieber, dass Journalisten das Material sichten und entscheiden, ob der Wert dieser Information für die Öffentlichkeit wichtiger ist als der Schaden, den die Veröffentlichung für den Ruf der Regierungsmitglieder bedeutet, die diese Überwachung angeordnet haben«, sagte er.

Mit Blick auf die Frage seiner Zuflucht sagte Snowden, er habe die genaue Liste der Staaten nicht mehr im Kopf, in denen er Asyl beantragt habe - »da es so viele waren, aber auf jeden Fall Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Verschiedene europäische Länder, die es alle leider für wichtiger hielten, die politischen Interessen der USA zu unterstützen als das Richtige zu tun.«

Das weltweit erste TV-Interview seit seiner Flucht aus den USA im vergangenen Sommer führte der NDR vergangene Woche in einem Moskauer Hotel. AFP/nd

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