Personalnotstand im Klassenzimmer

Im Nordosten ist die Lehrerschaft schon jetzt überaltert - doch über ein Drittel der Referendarstellen bleibt dieses Jahr unbesetzt

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
Mecklenburg-Vorpommern braucht frische Lehrkräfte - aber wie sind die zu bekommen? Die Rückkehr zur Verbeamtung allein scheint nicht auszureichen.

Plakate mit lustigen Sprüchen? Oder mit romantischen Ostseefotos? Noch ist nicht bekannt, wie genau Mecklenburg-Vorpommern um Junglehrer aus anderen Bundesländern werben will; Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) hat aber eine neue Kampagne angekündigt. Und dass es nach wie vor einen dringenden Bedarf an Lehrkraftimporten gibt, ist nicht zu bestreiten. Seit Jahren müht sich das Land, dem sich ankündigenden Lehrernotstand zu entkommen.

Brodkorb setzt dabei vor allem darauf, dass die Lehrer im Nordosten wieder Beamte werden können und damit eine hohe berufliche Sicherheit genießen. Zum Schuljahresbeginn habe man 400 neue Lehrer gewinnen können, weit mehr als in den vergangenen Jahren. Für den Minister zeigt dies, dass »unsere Strategie, den Lehrerberuf attraktiver zu machen, so verkehrt nicht ist«.

Dennoch sind die Probleme noch lange nicht gelöst. So werden nach Angaben des Bildungsministeriums zum Stichtag am 1. Februar nur 185 der 255 Stellen für Referendare besetzt; mehr als ein Drittel der offenen Stellen für den Lehrernachwuchs bleiben also vakant - trotz der Rückkehr des Landes zur Lehrerverbeamtung.

Der Beamtenstatus allein, kritisiert denn auch die LINKE-Bildungsexpertin Simone Oldenburg, locke offenbar eben nicht ausreichend externe Bewerberinnen und Bewerber an: »Solange das Land die Arbeitszeit der Lehrkräfte von mehr als 40 Stunden die Woche nicht absenkt, kann auch nicht von einer Entlastung gesprochen werden und damit auch nicht von einer Erhöhung der Attraktivität des Berufes«, so die Parlamentarierin, die vor ihrer Parlamentskarriere als Schulleiterin gearbeitet hatte. Im Nordosten sind die Lehrstundenkontingente höher als in anderen Bundesländern, sodass mit Vorbereitungszeiten eine deutliche Benachteiligung entsteht.

Für Annett Lindner, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, muss der Bildungsminister jetzt zunächst erklären, wie es zu den unbesetzten Referendarstellen kommen konnte. Für die Hälfte der 70 unbesetzten Stellen habe es durchaus geeignete Bewerber gegeben: »Angesichts des Lehrermangels in unserem Land, langer Wartelisten nach dem ersten Staatsexamen« sei es »unverständlich, dass diese Stellen bis August unbesetzt bleiben sollen«, kritisierte Lindner. Teils wüssten Anwärter bis kurz vor den Sommerferien nicht, ob und wo sie ein Referendariat ableisten können. Untragbar sei auch, dass zwischen den Bewerbungen für Gymnasien auf der einen sowie Grund- und Regionalschulen auf der anderen Seite eine große Lücke klafft. So gab es zwar 367 Bewerbungen für Gymnasien, sechsmal so viele wie ausgeschriebene Stellen. An den Regionalschulen bewarben sich dagegen lediglich 48 Nachwuchskräfte.

Dass Regional- und auch Berufs- oder Grundschulen für Bewerber nicht attraktiv seien, liegt für Lindner an der schlechten Bezahlung. Da wolle man nachbessern, verspricht jetzt SPD-Bildungsexperte Andreas Butzki. Für Klassenleiter an Grundschulen würden die Unterrichtsverpflichtungen gesenkt - und Lehrer an Regionalschulen sollen gleich den Gymnasiallehrern in die Entgeltgruppe 13 eingestuft werden.

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