Dostojewskis Dresdner Erben

Deutsch-Russisches Kulturinstitut wirbt zum 20. Geburtstag für kulturellen Austausch

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Zur Olympiade in Sotschi blickt die Welt nach Russland - freilich nicht immer aufgeschlossen. Ein Dresdner Verein wirbt für kulturelle Annäherung zwischen Deutschen und Russen. Jetzt wurde er 20 Jahre alt.

Die sächsisch-russischen Bande werden enger geknüpft - zumindest im Linienplan des Flughafens Dresden. Der gehört nicht zu den großen Drehkreuzen des Luftverkehrs. Gen Osten aber gibt es sehr gute Verbindungen. Schon jetzt landen jede Woche sechs Maschinen aus Moskau; ab Mai sollen es sogar neun werden.

Wolfgang Schälike beobachtet die Annäherung wohlwollend. Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Kulturinstituts (DRKI) in Dresden würde sich aber wünschen, dass sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern auf mehr als nur den Einkaufstourismus erstrecken, der für die Aeroflot-Manager den Ausschlag zur Linienplanung gibt. »Wir möchten den Zugang zur jeweils anderen Kultur öffnen«, sagt er. Der Verein setzt dazu vor allem auf Sprache, Film und Literatur - was seinem Ursprung in einem Lesezirkel russophiler Dresdner geschuldet ist. Das Gründungsdatum jährte sich jetzt zum 20. Mal.

Arbeit hat der Verein noch immer genug, wie nicht zuletzt die laufende Olympiade zeigt. Die Welt blickt nach Sotschi - oft freilich alles andere als aufgeschlossen: Neben berechtigter Kritik scheinen die Berichte von einer gehörigen Portion Vorurteile geprägt. Er bemerke zwar, anders als in den Neunzigern, »keine ausgesprochen antirussische Stimmung mehr«, sagt Schälike. Von tiefem Verständnis sei man aber weiterhin entfernt.

Beim DRKI bohrt man dieses dicke Brett ausdauernd. Der kleine Verein bietet Vorträge und Ausstellungen; er lädt prominente Schriftsteller ein und organisiert politische Gesprächsrunden. Veranstaltet wurden sogar Symposien, bei denen es um die Rezeption des Werkes von Dostojewski ebenso ging wie um die Zukunft des Russischunterrichts in Deutschland. Um dessen Niveau zu verbessern, bietet der Verein unter anderem 700 Filme an, die »auch das moderne Russland zeigen« wie Vitaliy Kolesnyk, Fachleiter für Sprachvermittlung am DRKI, betont. Das entwickle sich in rasantem Tempo, merkt er an: »Innerhalb der letzten 20 Jahre wuchs unsere Sprache um 20 000 neue Wörter.«

Der Verein will helfen, dass dieser Schatz in Deutschland stärker gewürdigt wird - Schälike träumt gar von zweisprachigen Kindergärten, die auch die Kinder von Zuwanderern aus Russland besuchen könnten. An diese richten sich die Angebote zur Sprachvermittlung im Übrigen ebenso: Weil viele drohten, die Sprache ihrer Vorfahren in der neuen Umgebung zu vergessen, rief der Verein eine Sprachschule namens »Kolibri« ins Leben. Die Migranten sollten sich »integrieren, aber nicht assimilieren«, sagt Schälike: »Die Sprache Puschkins sollen sie weiter beherrschen.«

Für diese Arbeit sollte Dresden eigentlich ein guter Ort sein: Die Stadt liege »nicht weit von der russischen Grenze«, schrieb Dostojewski einst in den »Dämonen«. Zwar steht seit 2006 auf Betreiben des Vereins ein Denkmal für den Schriftsteller in der Stadt, in der dieser die längste Zeit außerhalb Russlands verbrachte. Doch vor allem die finanzielle Unterstützung für seine Erben hält sich in Grenzen: Der Verein erhält vom Kulturamt nur eine kleine Förderung, die nicht für eine Stelle reicht. Soll der Verein Zukunft haben, müsse die Arbeit »professionalisiert« werden, sagt der 76-jährige Vereinschef: »Mit dem wenigen Geld, das wir haben, geht das aber nicht.« Das Problem des Vereins ist womöglich, dass er Russland in allen Facetten zeigt - und nicht nur in den kritikwürdigen. »Wenn wir Pussy Riot einladen würden«, sagt Schälike, »hätten wir sicher kein Problem mit der Förderung.«

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