Gründlich verrechnet

Entlassung des BER-Generalplaners war »keine gute Idee«

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Häufige Umplanungen führten dazu, dass die Kosten- und Zeitpläne für den BER aus dem Ruder liefen, sagt ein Zeuge im Untersuchungsausschuss.

Der Hauptstadtflughafen BER wurde von Beginn an zu klein geplant. Das bestätigte gestern vor dem Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses Rolf Nozon, der als Teilprojektleiter u.a. den Bau des Terminals verantwortete, bis er Mitte 2012 vom neuen, inzwischen selbst degradierten technischen Geschäftsführer Horst Amann abgesetzt wurde.

Als 2005 mit den Planungen für das Terminal begonnen wurde, sei man von bis zu 20 Millionen Passagieren im Jahr ausgegangen. Zur Spitzenzeit sollten 3300 abfliegende Fluggäste pro Stunde abgefertigt werden können. Das Terminal wurde mit einer Geschossfläche von 220 000 Quadratmetern geplant. Danach habe der Flugbetrieb in Berlin eine »ungeahnt dynamische Entwicklung« genommen, vor allem durch die Billigflieger und die hohe Attraktivität Berlins. Die Prognosen seien immer wieder angepasst worden, entsprechend auch das Bauprogramm. Das Terminal wuchs auf 380 000 Quadratmeter Fläche, die Haupthalle wurde um 100 Meter verlängert, Nord- und Südpier angebaut. Bis zu 5400 abfliegende Passagiere sollten pro Stunde abgefertigt werden können, 27 Millionen insgesamt im Jahr. Dadurch musste das Obergeschoss komplett ausgebaut werden, was so laut Nozon vorerst nicht geplant gewesen sei, und Laufbänder eingebaut werden, um die langen Wege zu bewältigen.

Nozon und seine Leute »hätten auch nie gedacht, dass der der Airbus 380 hier mal landet«, was den Einsatz von doppelstöckigen Fahrgastbrücken erforderte und entsprechende bauliche Anpassungen. »Das alles passierte, als der Rohbau schon begonnen hatte und die Firmen noch gar keine entsprechenden Pläne hatten«, so der Ingenieur. Planen und Bauen lief parallel. »Das erklärt die Kosten- und Terminkonsequenzen.«

Die zeichneten sich früh ab. Schon als 2007 die erste Vergabe des Projekts an einen Generalunternehmer platzte wegen der zu hohen Kosten scheiterte, geriet es drei Monate in Verzug. Die nächste Ausschreibung in kleineren Losen brachte aber auch nicht das gewünschte finanzielle Ergebnis. Nozon ließ durchblicken, dass er die Vergabe trotz des weiteren Zeitverlustes erneut verschoben hätte. So aber habe man die Teilprojekte »bewusst teuer vergeben«.

Ursprünglich sollte das Terminal ma rund 500 Millionen Euro kosten. Nozon schätzt, das die Summe auch mit einem Generalunternehmer auf »über 1,5 Milliarden Euro« angewachsen wäre. »Auch er hätte Beschleunigungsgeld gekostet.« Mit diesem Finanzierungsanreiz wollte die Flughafengesellschaft die Firmen anhalten, den durch die Umplanungen verursachten Zeitverlust aufzuholen.

Die mangelhaften Planungsleistungen sind nach Ansicht des Ingenieurs aber nicht nur den immer neuen Forderungen des Bauherren geschuldet. Dennoch sei die Kündigung der Planungsgemeinschaft PGBBI nach der zweiten Verschiebung des Eröffnungstermins im Mai 2012 ein Fehler gewesen. »Das war keine gute Idee. Das ist das Letzte, was man in einer solchen Situation macht.« Dadurch gehe noch mehr Know-how verloren, was zu weiteren Verzögerungen führe.

Bekanntlich konnte dann auch die für 2013 avisierten Termine nicht gehalten werden. Für den Abgeordneten Andreas Otto (Grüne) ist Nozons Bewertung weiteres Indiz dafür, dass es der Flughafengesellschaft und ihrem Aufsichtsrat » im Frühsommer 2012 hauptsächlich um den eigenen Kopf ging und dass die Verantwortlichen durch das Bauernopfer PGBBI den Schaden für das Projekt und die öffentliche Hand grob fahrlässig erhöht haben«.

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