»Manches stimmt nicht«

www.gurlitt.info

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Anwälte des Münchner Kunstsammlers Cornelius Gurlitt (81) gehen in die Offensive. Sie beklagen eine ungerechte Behandlung ihres Mandanten - und haben die Internetseite www.gurlitt.info zur umstrittenen Kunstsammlung eingerichtet. Dort ist auch ein Statement von Gurlitt persönlich zu lesen. »Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstinteressierte«, schreibt er darin. »So viel ist in den vergangenen Wochen und Monaten passiert und passiert noch immer. Ich habe nur mit meinen Bildern leben wollen, in Frieden und in Ruhe.«

Das Vorgehen gegen seinen Mandanten sei vor allem im Vergleich mit anderen Sammlungen nicht in Ordnung, kritisierte Gurlitts Anwalt Hannes Hartung am Montag. »In Deutschland gibt es viele öffentliche und private Sammlungen, in welchen der Anteil an potenzieller Raubkunst viel höher ist als in der Sammlung Gurlitt - für diese Sammlungen und die dort verantwortlichen Museumsdirektoren gibt es jedoch augenscheinlich keine Sanktionen.«

Nur bei drei Prozent der 1280 Werke aus dem spektakulären Schwabinger Kunstfund gebe es derzeit den Verdacht, es könne sich um Nazi-Raubkunst handeln, betonte Hartung. Bei den Bildern aus Gurlitts Haus in Salzburg habe sich nach Abgleichung mit Suchmeldungen in Verlustregistern keinerlei Verdacht ergeben. Mit sechs Anspruchstellern gebe es Verhandlungen. »Mehr haben sich bis dato nicht bei uns gemeldet.« In den Verhandlungen gehe es derzeit vor allem um das Bild »Femme assise« von Henri Matisse, Max Liebermanns »Zwei Reiter am Strand« sowie die Sammlung Dr. Glaser aus Dresden.

Die Taskforce »Schwabinger Kunstfund«, die die Herkunft der Bilder im Auftrag der ermittelnden Staatsanwaltschaft Augsburg klären soll, geht von knapp 600 verdächtigen Bildern aus. Sie wurden in die Online-Datenbank lostart.de eingestellt.

»Cornelius Gurlitt war zu jeder Zeit überzeugt davon, von seinem Vater eine Sammlung geerbt zu haben, die im Wesentlichen aus der sogenannten «entarteten Kunst» aus vormals deutschem Reichseigentum in öffentlichen Sammlungen und Museen besteht«, heißt es auf der Internetseite. »Cornelius Gurlitt war nicht bekannt, dass sich in seiner Sammlung auch vereinzelt Gegenstände befinden, welche heute als Raubkunst qualifiziert werden könnten.«

Er sei bereit, »nach rechtmäßiger Rückgabe der gesamten Sammlung durch die Behörden« die Werke zu prüfen, die unter Raubkunstverdacht stehen und bei denen »qualifizierte, nachvollziehbare und berechtigte Rückgabeansprüche von Erben jüdischer Verfolgter gestellt werden«. Dies sei eine »freiwillige, moralisch fundierte Selbstverpflichtung von Cornelius Gurlitt«.

Inzwischen wächst nach Informationen des »Spiegel« der Druck auf die ermittelnde Staatsanwaltschaft Augsburg. Wie das Magazin berichtet, gibt es im bayerischen Justizministerium Zweifel am Vorgehen gegen Gurlitt. Das Ministerium sehe die Staatsanwaltschaft auf sehr dünnem Eis und habe angefragt, ob sie Gurlitt überhaupt strafbares Verhalten vorwerfen könne, berichtet das Nachrichtenmagazin. Dazu, ob Gurlitt und seine Anwälte eine Beschwerde gegen die Ermittlungen erwägen, wollte sein Sprecher Stephan Holzinger sich am Montag nicht äußern.

»Manches von dem, was über meine Sammlung und mich berichtet wurde, stimmt nicht oder stimmt so nicht«, heißt es in Gurlitts Statement. »Deshalb wollen meine Anwälte, mein Betreuer und ich hier einige Informationen bereitstellen, um die Diskussion um meine Sammlung und um meine Person zu versachlichen.« dpa/nd

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