Hintertürchen gesucht

Bundestag streitet über gentechnisch veränderten Mais

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Frage der drohenden Zulassung der umstrittenen US-Maissorte »TC 1507« setzt auch der neue Agrarminister auf regionale Anbauverbote. Die Opposition kritisiert das als unseriös.

Deutschland hat wieder einen Landwirtschaftsminister: Am Donnerstag wurde Christian Schmidt (CSU) als Nachfolger seines Parteikollegen Hans-Peter Friedrich vereidigt. Und gleich am ersten Amtstag sah sich Schmidt einer Kontroverse gegenüber - über die Zulassung der Maissorte »TC 1507«.

Eine große Mehrheit der Bürger ist gegen gentechnisch veränderte Nahrungsmittel. Laut Meinungsforschungsinstitut GFK sind es aktuell 58 Prozent der Männer und sogar 68 von hundert Frauen. Dennoch hatte sich Deutschland kürzlich im EU-Ministerrat - anders als eine starke 19-Staaten-Gruppe inklusive Frankreich - enthalten, sodass die Entscheidung nun bei der Kommission liegt. Deshalb hatten die Grünen das Thema auf den Debattenplan des Bundestags gesetzt.

Minister Schmidt stellt sich auf den Standpunkt seines Vorgängers, den er »im Kern weiterverfolgen« wolle. »Wir sollten daran denken, dass wir in der Koalitionsvereinbarung festgehalten haben, dass wir durchaus wissen und sehen, wie groß die Skepsis ist in weiten Teilen der Bevölkerung«, so Schmidt.

Anders als die CDU sind die Koalitionsparteien SPD und CSU skeptisch gegenüber gentechnisch veränderter Nahrung. Die Bayern starteten jüngst eine Bundesratsinitiative, die zumindest im Süden eine regionale Ausnahme schaffen soll. Kirsten Tackmann, Agrarexpertin der Linksfraktion, nannte dieses Hoffen auf eine »Opt-out-Klausel« allerdings »unseriös«: Eine solche Option sei in der EU gar nicht beschlossen - und würde allenfalls zu einem »Flickenteppich« führen, der ökologisch riskant und kaum praktikabel sei. Der »TC 1507«-Mais sei ein »Türöffner« für weitere Zulassungsanträge.

Harald Ebner, der Fachsprecher der Grünen, ging im Plenum ebenfalls hart mit der Regierung ins Gericht: »Nachdem Angela Merkel letzte Woche in Brüssel die Vordertür weit geöffnet hat für den Genmais, dürfte es schwierig werden, eine Hintertür zu finden. Die könnte man dann allenfalls notdürftig anlehnen statt fest verschließen.« Auch Ebner erinnerte daran, dass es eine »reguläre Ausstiegsmöglichkeit« auf regionaler Ebene nicht gibt - nur eine »Notfallklausel«, die allerdings nur nationale, nicht aber regionale Sonderwege ermögliche.

Staatssekretärin Maria Flachsbarth (CDU) verteidigte das Vorgehen in Brüssel. Eine »umfassende Positivkennzeichnung« werde verhindern, dass Bürger gegen ihren Willen derartige Nahrungsmittel zu sich nähmen. In dieser Legislatur würde es nicht mehr zu einem Anbau von »TC 1507« kommen.

Auch aus den Ländern kam Kritik. Nordost-Agrarminister Till Backhaus (SPD) will ein »klares, deutschlandweites Nein zur grünen Gentechnik«. Backhaus warf der Bundesregierung eine Missachtung des Koalitionsvertrages vor. Die Nordost-LINKE bringt das Thema nun in den Landtag. »Anders als im Bundestag muss sich die CDU-Fraktion mit ihrem Koalitionspartner SPD einigen, um Schaden vom Land abzuwenden«, forderte ihr Agrarpolitiker Fritz Tack.

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