Stelldichein in Lausanne

Bündnis organisiert Proteste gegen schmutzige Geschäfte mit Rohstoffen

  • Sabine Hunziker
  • Lesedauer: 3 Min.
Von heute an tagen in der Schweiz die großen Rohstoffhändler der Welt. Weil sie für soziale Desaster und Umweltkatastrophen verantwortlich sind, müssen sie mit Protesten der Kritiker rechnen.

Bereits zum dritten Mal beginnt heute das Welttreffen der Rohstoffbranche. Es findet bis zum 2. April in Lausanne in der Schweiz statt. »Rohstoffhändler, Banken, Extrakteure und Investoren sind eigentlich ganz gerne unter sich und hängen ihr Treffen in Lausanne nicht an die große Glocke«, meint Alwin von Attac Schweiz. Die Schweiz ist Europas wichtigste Drehscheibe im Rohstoffhandel - so wichtig, dass Lausanne sogar London als Veranstaltungsort ausgestochen hat.

Nur wenige Firmen in Europa sind so groß wie die Rohstoffkonzerne Vitol oder Glencore Xstrata; auch waren sie bis vor Kurzen auch den meisten Schweizerinnen kaum ein Begriff. Organisationen wie die globalisierungskritische Attac oder die »Erklärung von Bern« EvB machten die vom Rohstoffhandel produzierten sozialen Desaster, Umweltkatastrophen oder »Geldwäsche« publik. Unvorstellbar hohe Gewinne nahm beispielsweise Vitol mit Umsätzen im Handel mit Erdöl-, Gas- und Ölprodukten von 224 Milliarden Euro ein. Der Rohstoffkonzern Glencore Xstrata kontrolliert ein Drittel des Welthandels mit Kupfer und hat einen Anteil von mehr als 50 Prozent bei Zink.

Aber warum ist die Schweiz Sitzstaat dieser Giganten? Banken bieten den Händlern Spekulationsfonds an, das Land selber Tiefstsätze bei den Steuern und lasche Gesetze. Michael Ambühl, ehemaliger Staatssekretär im Eidgenössischen Finanzdepartement, bezeichnete dies bei einem Referat als »Attraktivität des Schweizer Steuersystem«, beschrieb aber ehrlicherweise auch Risiken wie »unversteuerte Gelder«: Der Gründer des Glencore-Konzerns wurde 1983 in den USA wegen Steuerhinterziehung angeklagt und flüchtete dann in die Schweiz. Domizilgesellschaften bezahlen nur Steuern auf den in der Schweiz erwirtschafteter Gewinn - im Endeffekt also nahezu keine.

Firmen im Rohstoffsektor sind oft in instabilen Ländern im Abbau tätig. Klar, dass es hier auch möglich ist, beispielsweise Abwasser ungeklärt zu entsorgen, von Kinderarbeit zu profitieren oder die Arbeitssicherheit nicht zu kontrollieren - wobei in diesem Fall dann Unfälle passieren. In letzter Zeit provozierten solche Meldungen Widerstände. 2013 haben zum ersten Mal Protestveranstaltungen zum Weltrohstoffgipfel in Lausanne stattgefunden. Es wurde ein Gegenforum organisiert und am Eröffnungstag gab es eine Demo mit über 1000 Besuchern - die Berichterstattung darüber war noch dürftig.

Neben verschiedenen Aktivitäten wird es auch diesem Jahr eine Protestkundgebung gegen die Rohstoffspekulation in Lausanne geben. Sie findet am heutigen Montag statt. Mit dabei ist ein breites Bündnis, zu dem die Gewerkschaftssektion UNIA Genf, Bleiberecht Bern, Attac Suisse oder Jeunesse Socialiste JUSO gehören. JUSO Schweiz hat eine weitere Initiative ins Leben gerufen und sammelte Unterschriften für die »Spekulationsstopp-Initiative« gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln. Am 24. März 2014 wurde sie eingereicht. Fabian Molina, Präsident der JUSO Schweiz sagt: »Dieser Handel ist unerhört und muss gestoppt werden«, denn ein großer Teil der Spekulationen auf Nahrungsmittel läuft über Schweizer Banken und Rohstoffmultis haben hier ihren Firmensitz.

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte steht, dass alle ein Recht auf Nahrung haben: Durch Preisausschläge wird dies gefährdet. Gefordert wird nun, dass der Bund Vorschriften zur Bekämpfung der Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmittel erlässt.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal