Ostukraine: Zwei besetzte Gebäude geräumt

Polizeiaktionen in Donezk und Charkow / Kiew und Washington warnen Russland / Moskau: nationalistische Gruppen sowie 150 Spezialisten einer privaten US-Militärfirma sind aktiv

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. In der Ostukraine haben Sicherheitskräfte mehrere von prorussischen Aktivisten besetzte Verwaltungsgebäude geräumt. Spezialeinheiten räumten in der Millionenstadt Donezk ein Geheimdienstgebäude, Interimsstaatschef Alexander Turtschinow habe dies als Anti-Terror-Einsatz persönlich angeordnet, sagte der Leiter des Präsidialamtes, Sergej Paschinski, dem Internetportal censor.net.ua. Es habe keine Verletzten gegeben. Das Geheimdienstgebäude war von teils maskierten Kräften gestürmt und besetzt worden. Im Gebäude der Gebietsverwaltung von Donezk hatten prorussische Kräfte eine souveräne Volksrepublik nach dem Vorbild der Schwarzmeer-Halbinsel Krim ausgerufen.

Auch in Charkow räumten Spezialeinheiten ein von prorussischen Aktivisten besetztes Verwaltungsgebäude, dort wurden 70 Menschen festgenommen. Bei der Aktion sei kein Schuss gefallen, berichtete der Internetsender hromadske.tv am Dienstagmorgen. In der Nacht war es in Charkow zu Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern der Zentralregierung gekommen. Interimspräsident Alexander Turtschinow ordnete einen massiven Einsatz an. Aus Lugansk und Nikolajew wurden ebenfalls Auseinandersetzungen gemeldet.

Turtschinow warf Russland vor, es wolle mit Hilfe bezahlter Provokateure die Lage destabilisieren. Nach Angaben des US-Außenministeriums drängte Ressortchef John Kerry seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow bei einem Telefonat, sich von den »Separatisten, Saboteuren und Provokateuren« zu distanzieren. Die Aktionen seien anscheinend keine »spontane Reihe von Ereignissen«, sondern eine »orchestrierte Kampagne mit russischer Unterstützung«. Jeder weitere Versuch Moskaus, die Ex-Sowjetrepublik zu destabilisieren, werde »weitere Kosten« nach sich ziehen. Beide Politiker vereinbarten direkte Gespräche binnen zehn Tagen. Daran sollten auch Vertreter der Europäischen Union und der Ukraine teilnehmen, teilte das US-Außenministerium weiter mit. Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama sprach von »starken Hinweisen«, dass zumindest einige der prorussischen Kräfte bezahlt worden seien. Eine offene oder heimliche Intervention in der Ostukraine bedeute eine »ernsthafte Eskalation«, sagte Jay Carney.

Moskau wies jede Verantwortung zurück. »Genug der Anschuldigungen gegen Russland, das für alle aktuellen Probleme der Ukraine verantwortlich gemacht wird«, teilte das russische Außenministerium mit. Auf dessen Facebookseite hieß es, auch gewaltbereite nationalistische Gruppen sowie 150 Spezialisten einer privaten US-Militärfirma seien in der Ostukraine aktiv. »Wir fordern, alle militärischen Vorbereitungen unverzüglich einzustellen, die einen Bürgerkrieg nach sich ziehen können«, teilte das Außenamt bei Facebook mit. »Die Organisatoren und Teilnehmer dieser Provokation sind verantwortlich für eine riesige Bedrohung der Rechte und Freiheiten sowie des Lebens unschuldiger Bürger der Ukraine und für die Stabilität des ukrainischen Staates.« Moskau hatte stets betont, notfalls seine Bürger im Nachbarland auch militärisch zu schützen. Präsident Putin will sich am 17. April im Staatsfernsehen zu dem Konflikt äußern.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte seinen ukrainischen Kollegen Andrej Deschtschiza in einem Telefonat vor der Anwendung von Gewalt. Zudem forderte er einen landesweiten Dialog aller Kräfte und eine Verfassungsänderung mit dem Ziel einer weitreichenden Föderalisierung der Ex-Sowjetrepublik. dpa/nd

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