Friede, Freude und Enquete?

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.
Als »Konsens« wurde der Abschlussbericht der Enquetekommission zu den Folgen der SED-Diktatur in Brandenburg gefeiert. Doch noch sind viele Fragen nicht beantwortet.

Intensiv habe die brandenburgische Rosa-Luxemburg-Stiftung in den vier zurückliegenden Jahren die Arbeit der Enquetekommission begleitet. Darauf verwies Stiftungsgeschäftsführer Detlef Nakath am Dienstagabend auf der Abschlussveranstaltung im Museum der Preußischen Geschichte in Potsdam. Vieles bleibe auch danach noch zu klären.

Um die DDR-Jahre, aber auch die Zeit nach 1990 einigermaßen vorurteilsfrei bewerten zu können, müsse das Land erst »von der Last der Zeitzeugen befreit« sein, sagte Prof. Jürgen Angelow. Und hilfreich sei dabei keineswegs ein festgelegter Deutungskonsens, »wie wir ihn von den meisten Medien her kennen«.

»Wir haben keine Aufarbeitung getrieben, wir haben Anstöße gegeben«, sagte SPD-Kommissionsvertreter Thomas Günther rückblickend. Auch CDU-Vertreter Dieter Dombrowski wertete verschiedene Ergebnisse der Kommissionsarbeit als sinnvoll. Seine Töchter hätten in ihrer Schulzeit nicht eine einzige von der Schule ausgerichtete Fahrt zu einer Gedenkstätte unternommen, sagte er. Es sei richtig gewesen, hier Korrekturen anzumahnen.

Waren zu Beginn die drei Oppositionsparteien in der Kommission noch als Block aufgetreten, so hat dieser im Laufe der Zeit tiefe Risse bekommen. So warf Dombrowski, der an diesem Abend im Podium saß, den Grünen vor, sich in der Kommission nicht an Absprachen gehalten zu haben.

Heinz Vietze, Vorsitzender der Michael-Schumann-Stiftung, fühlte sich durch den von der Kommission gefundenen Konsens an den in den 1990er-Jahren oft zitierten »Brandenburger Weg« erinnert. Es war Dombrowski, der darauf hinwies, dass zu eben dieser Zeit auf allen höheren Ebenen des Staatsdienstes und der Wissenschaft die Ostdeutschen von Führungspositionen verdrängt worden seien. Und für Kommissionsmitglied Peer Jürgens (LINKE) steht fest, dass sich die Nachteilslage für Ostdeutsche keineswegs »verwächst«, sondern in der so genannten »dritten Generation Ost« erneut erlitten werde. Zu den nach der Wende von Westdeutschen gebildeten »Netzwerken« hätten auch heute jüngere Ostdeutsche oder Brandenburger praktisch keinen Zugang.

Das nicht nur die Entwicklung vor 1989 ihre Opfer gefunden habe, sondern auch die danach, darauf machte Prof. Jochen Franzke aufmerksam. »Ein Teil der Entlassenen hat es später nicht mehr geschafft.«

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