nd-aktuell.de / 30.04.2014 / Ratgeber / Seite 22

Die Kostensteigerungen zahlen allein die Versicherten

Leserfragen zu Änderungen für gesetzlich Krankenversicherte ab Januar 2015

Die Bundesregierung hat Ende März die Reform der Krankenkassenbeiträge auf den Weg gebracht. Diese Reform soll ab 2015 in Kraft treten und betrifft rund 50 Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dazu haben uns etliche Leserfragen erreicht.

Wie sieht die Reform der Kassenbeiträge konkret aus?

Heute gilt ein Beitragssatz von 15,5 Prozent. 0,9 Punkte davon zahlen allein die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse. Dem Gesetzentwurf zufolge soll ab 2015 der von Arbeitnehmern und Arbeitgebern je zur Hälfte getragene Beitragssatz bei 14,6 Prozent liegen. Dafür entfällt der bisherige Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, den Arbeitnehmer bislang alleine zahlen. Anders ausgedrückt: Die Arbeitgeber übernehmen 7,3 Prozent des Bruttoeinkommens, wobei ihr Anteil gesetzlich eingefroren wird. Doch die weiteren Kosten sollen die Versicherten allein über einkommensabhängige Zusatzbeiträge tragen. Das heißt im Klartext: Diese Reform bringt eine Entlastung für die Arbeitgeber und eine deutliche Belastung für die Versicherten.

Ist damit zu rechnen, dass die Zusatzbeiträge drastisch ansteigen werden?

In der Tat müssen die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bald durchweg Zusatzbeiträge zahlen, die zusätzliche Belastungen für die Versicherten bedeuten. Mit einer Beitragssenkung trotz ordentlicher Rücklagen bei mancher Versicherung ist so gut wie nicht zu rechnen.

Zunächst wird 2015 ein Sonderbeitrag der Kassenmitglieder von 0,9 Prozent gestrichen. Das ist aber nur formal richtig. Denn die Kassen werden einen Zusatzbeitrag in genau dieser Höhe verlangen und dann unterm Strich wie heute auf 15,5 Prozent kommen.

Bereits heute können Kassen, die mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, pauschale Zusatzbeiträge nehmen. Künftig können die Kassen Zusatzbeiträge nehmen, die vom Einkommen abhängen.

Dabei wird es Kassen geben, die mehr Geld brauchen, und andere, die weniger von ihren Mitgliedern einfordern. Die Höhe des künftigen Zusatzbeitrags hängt also davon ab, wie wirtschaftlich eine Kasse arbeitet. Damit wird der Anreiz für die Kassen erhöht, effizient zu wirtschaften, um so die Zusatzbeiträge möglichst gering zu halten. Es wird den Kassen erleichtert, ihre teilweise erheblichen finanziellen Reserven an die Mitglieder weiterzugeben.

Wie könnte sich das auf einzelne gesetzliche Krankenkassen auswirken?

Nach Darstellung der Bundesregierung sollen etwa 20 Millionen der rund 70 Millionen gesetzlich Versicherten Kassen angehören, die einen geringeren Zusatzbeitrag als den bisherigen 0,9-prozentigen Sonderbeitrag erheben könnten. Dass eine Krankenkasse vollständig auf den Zusatzbeitrag verzichtet, sei nach jetzigem Stand aber nicht anzunehmen.

Große Kassen wie die Barmer GEK oder die DAK-Gesundheit werden wohl ohnehin keineswegs weniger als heute verlangen können. Auch die AOKen sind insgesamt eher auf Durchschnittsniveau. Die DAK oder manche AOK werden wie bereits heute einen Beitrag von 15,5 Prozent oder sogar mehr - etwa 15,7 Prozent - erheben. Dazu kommt, dass die Regierung den Finanzausgleich zwischen den Kassen verstärken und die Unterschiede verkleinern will.

Das Bundesgesundheitsministerium glaubt indes, es könne auch mit sinkenden Beiträgen gerechnet werden, zum Beispiel für Versicherte der Techniker Krankenkasse oder vieler Betriebskrankenkassen.

Allgemein ist davon auszugehen, dass spätestens im Jahr 2016 alle Kassen deutlich über diesem 15,5-Prozent-Satz liegen werden, weil die Ausgaben schneller steigen als die Einnahmen. Dabei wird allgemein mit einer zweiprozentigen Erhöhung gerechnet.

Um die Folgen an einem Beispiel zu illustrieren: Für einen Elektroinstallateur mit 3191 Euro brutto im Monat würden etwa diese zwei Prozent eine Mehrbelastung von 35,10 Euro bringen. Friseure mit 1523 Euro brutto müssten 30,46 Euro Zusatzbeitrag zahlen, abzüglich des heute noch fälligen 0,9-prozentigen Sonderbeitrags wären es immer noch 16,75 Euro mehr.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass die unterschiedliche Einkommensstruktur der Mitglieder der Krankenkassen über den Gesundheitsfonds voll ausgeglichen werden soll, sonst wären wegen des prozentualen Zusatzbeitrags einkommensschwächere Kassen automatisch im Nachteil. Zudem sollen Kassenausgaben für die letzte Behandlungsphase Verstorbener, für Krankengeld und für Auslandsversicherte besser als heute vom bestehenden Finanzausgleich zwischen den Kassen berücksichtigt werden.

Gibt es bei Beitragssteigerung Sonderkündigungsrechte?

Selbst die Erhebung eines geringen Zusatzbeitrages löst ein Sonderrecht zur Kündigung aus. Zwar darf man schon bisher die Kasse wechseln, aber 18 Monate ist man an sie gebunden. Die Kassen selbst müssen auf die Möglichkeit des Kassenwechsels ausdrücklich hinweisen.

Welche Auswirken hat diese Reform auf Arbeitslose?

Bei ALG-II-Beziehern bleibt es dabei, dass die Krankenversicherungskosten inklusive Zusatzbeitrag von der Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Allerdings entfällt ein Anreiz, günstige Kassen auszusuchen. Bisher wurde nur der durchschnittliche Zusatzbeitrag übernommen. Wer in einer teureren Kasse war, musste die Differenz zahlen. Bei Beziehern von ALG I wird die Übernahme der kompletten Kosten neu eingeführt. Agenturen/joh