Verkaufen mit Köpfchen?

2012 beschlossen, lässt die Umsetzung der neuen Liegenschaftspolitik auf sich warten

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Senat hat die Stadtentwicklung zu einem Schwerpunkt gemacht. Ein Instrument dabei: eine neue Liegenschaftspolitik. Diese soll nicht ausschließlich die höchsten Verkaufserlöse im Blick haben.

Die preisgekrönte Initiative Rathausstern Lichtenberg e.V. möchte ein alte Polizeiwache erwerben und dort eine Kita, erschwingliche Wohnungen, Werkstätten, Gärten, Cafés und Ateliers einrichten. Eigentlich das, was Berlins Bürgermeister gerne rühmt: das kreative und künstlerische Potenzial Berlins.

Ein Grund für das Entstehen des bunten, kreativen Berlins war der günstige Wohn- und Arbeitsraum. Doch seit wenigen Jahren ändert sich das. Mieten steigen und die sogenannte Gentrifizierung führt zu Verdrängungen. Die Berliner Politik hat davon natürlich auch Kenntnis genommen. Der rot-schwarze Senat kündigte zu Beginn seiner Legislaturperiode an, Wohnungsbau und Stadtentwicklung zur Chefsache zu machen. Auch ein weiteres Instrument sollte neu justiert werden: die Liegenschaftspolitik - der Umgang mit Immobilien in Landesbesitz. Vermarktet werden nicht mehr benötigte Immobilien vom Liegenschaftsfonds Berlin. Bislang lief der Verkauf in Berlin nach dem Bieterverfahren ab: Wer am tiefsten in die Tasche greift, bekommt den Zuschlag. Rot-Schwarz kündigte vor zwei Jahren an, dieses Verfahren verstärkt durch ein neues zu ergänzen, das stadtentwicklungs-, wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele berücksichtigt: das sogenannte Konzeptverfahren. Doch mit der konkreten Umsetzung hapert es noch. Steffen Zillich, Experte der LINKEN im Abgeordnetenhaus für Liegenschaftspolitik, sieht die Verantwortung dafür bei den verschiedenen Senatsverwaltungen. »Die haben sich beim Versuch verhakt, ihre Einflusssphären zu sichern.« Er kritisiert, dass im Senat eine Atmosphäre herrsche, in der keiner keinem vertraut. Zudem gebe es kein übergeordnetes Konzept. Die Liegenschaftspolitik bestehe darin, Überschriften zu setzen und eine Ankündigungspolitik zu betreiben. »Deshalb die Verzögerung.«

In dieses Bild passt, dass es im November 2013 Irritationen über einen Stopp von Grundstücksgeschäften durch Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) gegeben hatte. Seine Kollegin, CDU-Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer, empörte sich und mutmaßte, dass Nußbaum die Verkäufe gestoppt haben könnte, um 2014 die erhöhte Grunderwerbssteuer zu kassieren. »Völlig abwegig«, nannte das bereits im November Nußbaums Sprecher Jens Metzger. Auf »nd«-Nachfrage erläutert er: »Es kam zu einzelnen Absagen und Verschiebungen von Notarterminen; es gab aber keinen Verkaufsstopp.« Hintergrund für die Verschiebungen war, dass im November eine Änderung der Landeshaushaltsordnung in Kraft getreten sei. Diese besage Metzger zufolge, dass das Parlament zu einem Grundstücksgeschäft aus politischen Gründen einen Einwilligungsvorbehalt geltend machen könne. Aus diesem Grund seien noch nicht beurkundete Grundstücksvorgänge dem zuständigen Ausschuss des Parlaments zur Klärung vorgelegt worden. »Erst nach dieser Klärung können angestrebte Grundstücksgeschäfte rechtswirksam stattfinden«, so Metzger.

Auf »nd«-Nachfrage teilt Marlies Masche, Pressesprecherin des Liegenschaftsfond Berlins, mit, dass die Umsetzung der »Transparenten Liegenschaftspolitik« bereits laufe. »Die Clusterung der Grundstücke des Treuhandvermögens erfolgt bis zur Einsetzung des Portfolio-Ausschusses bereits heute durch den Steuerungsausschuss.« Medienberichten zufolge stockte die neu angekündigte Liegenschaftspolitik eben auch, weil sich die Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung nicht über diesen Portfolio-Ausschuss einigen konnten, der die Grundstücke auf ihre Verwendung hin überprüfen soll.

Als Benachteiligte der sich hinziehenden Umsetzung der neuen Liegenschaftspolitik sieht sich die Initiative Rathausstern Lichtenberg. Das Grundstück in der Rathausstraße 12 gilt als Lackmustest für das neue Konzeptverfahren. Masche bestätigte diesen Testcharakter. »Die Ergebnisse werden dazu beitragen, ein Regelwerk für künftige Verfahren zu entwickeln.« Dazu gehöre auch, dass die Abläufe und Fristen eines solchen Verfahrens geprüft würden, sagt die Sprecherin des Liegenschaftsfonds.

Die Initiative Rathausstern hatte neben der mangelnden Transparenz des Verhandlungsverfahrens mit dem Liegenschaftsfonds auch die für nicht-professionelle Bewerber knapp gehaltenen Bewerbungsfristen kritisiert. Dennoch konnte sie Ende April rechtzeitig die Unterlagen für die zweite Verhandlungsrunde einreichen.

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