nd-aktuell.de / 14.05.2014 / Politik / Seite 11

Schlossherrn droht die Enteignung

Historischer Komplex von Reinhardsbrunn verfällt

Gotha. Thüringen droht dem privaten Besitzer von Schloss Reinhardsbrunn mit Enteignung, wenn er das Kulturdenkmal weiter verfallen lässt. »Wir meinen es ernst«, sagte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Montagabend bei der Vorlage des Gutachtens eines Verfassungsrechtlers der Universität Jena. Danach ist eine Enteignung des Schlosses bei Friedrichroda im Kreis Gotha möglich. Lieberknecht bezeichnete die Enteignung als letztes Mittel und als möglichen Präzedenzfall im Denkmalschutz.

Nach Angaben von Fachleuten habe es in Deutschland bisher kein Enteignungsverfahren aus denkmalschutzrechtlichen Gründen gegeben. Zu den Kosten des Verfahrens für das Land Thüringen könnten noch keine Angaben gemacht werden. Zunächst müsse ein Wertgutachten erstellt sein. Für Sicherungsarbeiten würden nach ersten Schätzungen einige 100 000 Euro fällig, sagte Finanzminister Wolfgang Voß (CDU). Auch er plädierte dafür, dem Verfall des Kleinods nicht länger zuzusehen. »Wenn keine Bewegung in die Sache kommt, dann werden wir das Enteignungsverfahren einleiten.« Allerdings sei das ein langwieriger Prozess.

Die 1827 erbaute Schlossanlage Reinhardsbrunn, die in der DDR als Interhotel und bis 2001 als Hotel genutzt worden war, zerfällt seit Jahren. Hinzu kämen Vandalismus und Diebstahl beispielsweise von Glocken oder des Uhrwerks im Turm, hieß es. Nach Angaben des Kreises wurden bereits auf Staatskosten Sicherungsarbeiten unter anderem an Dach und Fenstern vorgenommen. Sie würden parallel zu einem möglichen Enteignungsverfahren fortgesetzt, kündigte Lieberknecht an.

Besitzer des historischen Gemäuers ist laut Landesregierung eine Consultingfirma in Hamburg, die ursprünglich ihren Sitz in Weimar hatte. Sie hat nach Angaben des Gothaer Landrats Konrad Gießmann (CDU) bisher auf keinen der erlassenen Bescheide oder auf Kontaktversuche angemessen reagiert.

Der Jenaer Verfassungsrechtler Professor Michael Brenner verwies darauf, dass vor einer möglichen Enteignung erneut der Versuch einer gütlichen Einigung gemacht werden müsse. Das könne auch ein Kaufangebot seitens des Landes sein, das nach der Verfassung eine Schutzpflicht für Kulturdenkmäler habe. Allerdings sei »das Tor für eine Enteignung durch das bisherige Verhalten des Eigentümers ganz weit offen«. dpa/nd