taz. zahlt wer?

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Zeitungen brauchen Geld, um zu erscheinen. Neben dem Verkauf gehört das Anzeigengeschäft zu den wichtigsten Stützen des Geschäfts. Das ist nicht marktradikal, sondern schlicht Fakt. Zu einer Gewissensfrage wird es allerdings, wenn eine Zeitung Geld von jemanden kassiert, der sämtliche politischen Leitplanken dieses Mediums durchbricht. Die Leser der »taz« dürften nicht schlecht gestaunt haben, als sie am vergangenen Samstag in der Berlin-Ausgabe ihres Blattes eine Werbeanzeige der Alternative für Deutschland (AfD) entdeckten. Die vornehmlich grauhaarige, elitäre, weiße Besitzstandswahrerpartei hatte diese Reklameprovokation geschickt vorbereitet, kokettierte oberhalb ihres Logos: »In irgendeine Ecke stellt man uns ja immer. In der hier waren wir noch nie.« Seitdem streiten Leser und Sympathisanten, ob die »taz« mit dem Abdruck der AfD-Werbung des schnöden Geldes wegen zu weit ging oder ob es egal sei, solange die Einnahmen der Finanzierung eines ohnehin nicht gerade üppig ausgestatteten Verlagshauses zugutekommt.

Blogger und nach eigenen Bekunden nun Ex-Abonnement Alexander Nabert titelt in Anspielung auf eine Werbekampagne auf alexander-nabert.de »taz. zahl ich nicht mehr.« Er schreibt: »Noch nie habe ich eine Anzeige der NPD in der taz gesehen. Ich bin mir sicher: Ganz egal, wie viel Geld diese bieten würde, die taz wäre integer genug, das Geld und die Anzeige abzulehnen. Dadurch, dass dies nicht bei der AfD geschehen ist, signalisiert die taz: Die AfD ist okay genug, um in einem linken Medium zu werben. So schlimm wird sie wohl nicht sein.«

Besonders in den sozialen Netzwerken und im taz-Hausblog entlud sich die Wut und Verärgerung echter und vermeintlicher Leser. »Wenn die taz Geldsorgen hat, soll sie lieber mal wieder eine Spendenkampagne starten, statt eine Anzeige der afd zu schalten«, schreibt Karsten Houben. Die Zeitung verteidigte sich, verwies auf ihre Anzeigenrichtlinien, nach der sie keine rassistische, sexistische, antisemitische und militaristische Reklame akzeptiere. Zudem verlinkte der Verlag auf einen Beitrag von 2011, in dem die taz ihre Finanzstruktur offenlegte. Dazu die Erklärung: »Wir könnten uns eine Ablehnung finanziell leisten. Wir nehmen das Geld aber lieber, um damit guten Journalismus zu machen.« Den finanzierte sich das Medium schon durch Reklame seiner Hassliebe »Bild«, der Energiekonzerne Vattenfall und EnBW.

Auch in den eigenen Reihen stößt die AfD-Anzeige auf Kritik, die der Verlag via blogs.taz.de/hausblog/ immerhin öffentlich kommuniziert. In einem offenen Brief von zehn Redakteuren des Berlin-Ressorts heißt es: »Wenn die AfD nicht unter die Anzeigen-Kriterien der taz fällt, aber dennoch menschenverachtende und anti-demokratische Positionen vertritt, müssen wir diese Kriterien dringend anpassen.« Diese Positionierung sorgte wiederum für eine Vielzahl von Reaktionen. Leser Heiner Schäfer stimmte den taz-Redakteuren bei ihrer inhaltlichen Analyse der AfD zu, merkte aber an: »TAZ-LeserInnen sind mündig genug, um Werbung von redaktionellen Inhalten zu unterscheiden.«

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