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Zwei Sprachen ist manchen eine zu viel

Sorbische Ortstafeln in Sachsen beschmiert

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein Klassiker in nationalitätenpolitischen Streitigkeiten, der jeweiligen Minderheit nicht einmal ein Ortsschild in der eigenen Sprache zu gönnen.

In Belgien zum Beispiel, wo der Konflikt zwischen Flamen und Wallonen schon mehrfach fast den Staat zerbrechen ließ, fiel der Höhepunkt des Ortsschilderkampfes in die 1980er Jahre. Im Osten des Landes waren damals Ortsnamen oft gar nicht mehr zu erkennen, weil erst Wallonen das Flämische und dann Flamen das Wallonische geschwärzt hatten - oder umgekehrt. In etwa gleichzeitig startete Österreichs FPÖ, Europas erfolgreichste Rechtspartei, ihren Aufstieg nicht zuletzt im Kampf gegen Kärntner Ortstafeln in Deutsch und Slowenisch. Bis heute ist das ein Dauerbrenner im Südosten der Alpenrepublik.

Nun hat der Ortstafelkampf offenbar auch den Südosten der Bundesrepublik erreicht. In einer gemeinsamen Erklärung beklagen dies die sächsischen Bundestagsabgeordneten Thomas Jurk (SPD), Maria Michalk (CDU) und Caren Lay (LINKE), die Dresdner Landtagsabgeordneten Stefan Brangs (SPD), Mike Hauschild (FDP), Antje Hermenau (Grüne), Heiko Kosel (LINKE), Aloysius Mikwauschk und Marko Schiemann (CDU), der Landrat von Bautzen Michael Harig sowie David Statnik, der Vorsitzende der sorbischen Domowina: Die zunehmenden »Schmierereien auf zweisprachigen Ortstafeln und Wegweisern im Landkreis Bautzen« seien »unerträglich«.

Offenbar in der Nacht zum 28. Mai waren im Landkreis Bautzen, in dem viele der rund 40 000 Sorben in Sachsen leben, die sorbischen Aufschriften auf etlichen Schildern geschwärzt worden. In ihrem gemeinsamen Aufruf bekennen sich die sächsischen Politiker zur »Bikulturalität« der Region und verurteilen derartige Ressentiments aufs Schärfste - sie verstießen gegen »die Sächsische Verfassung und europäische Normen«. Bürger, die Beobachtungen gemacht hätten, sollten sich unbedingt an die Polizei wenden.

Womöglich besteht ein Zusammenhang zwischen den sächsischen Schmierereien und dem neuen Sorbengesetz, dass zum Juni in Brandenburg in Kraft getreten ist und die Pflege der kulturellen Belange der rund 20 000 Brandenburger Sorben stärken soll. Zu dem Zweck wurde erstmals ein spezieller Sorbenbeauftragter benannt - Martin Gorholt, Staatssekretär im Wissenschaftsministerium.

Das Gesetz, das auf Antrag von Kommunen und des Sorbenrates eine Ausweitung des offiziellen sorbischen Siedlungsgebietes in Brandenburg ermöglicht, war vielerorts nicht unumstritten gewesen. Etliche Kommunen hatten sich zum Beispiel über womöglich entstehende Mehrkosten beklagt, die mit dem Gesetz verbunden sein könnten - etwa für zweisprachige Ortstafeln.

Sachsen hat bislang keinen Sorbenbeauftragten. Die LINKE im Dresdner Landtag monierte denn auch jüngst, dass die Sorben in Brandenburg inzwischen mehr Mitspracherechte hätten als im sächsischen Hauptsiedlungtebiet.

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