nd-aktuell.de / 12.06.2014 / Kultur / Seite 4

Abwehrchef

Nikolaus Blome – der »Spiegel« 
kanalisiert dessen »Bild«-Kampagne

Tobias Riegel

Er war Gesicht und Architekt der Kampagne des Springer-Verlags gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Da war er noch stellvertretender Chefredakteur der »Bild«-Zeitung. Mittlerweile hat er das Medium gewechselt - die Seiten aber nicht. Denn als Chef des Hauptstadtbüros von »Spiegel« und »Spiegel-Online« kann der journalistische Ex-Stürmer Nikolaus Blome nun den Verteidiger »der Medien« geben - gegen die Vorwürfe, die er selber als Dampframme bei »Bild« provoziert hat.

So war der 54-jährige Familienvater am Mittwoch, im Nachklang von Wulffs Buchvorstellung, (mutmaßlich) beteiligt an einem schönen Beispiel verzahnter, indirekter, medialer Arbeitsteilung. Zwar haben die Medien breit und teils mit Sympathien für Wulff berichtet - »Bild.de« wählte als Kronzeuge und Riesenschlagzeile über ihrem Medienecho aber ein Zitat von »Spiegel-Online«: »Der Rücktritt war notwendig«.

Als der ehemalige Zeitsoldat Blome 2013 zum »Spiegel« wechselte, war die Aufregung der Redaktion groß - und kurz. Da mag Rudolf Augstein im Grab rotieren, die Belegschaft des einst gefürchteten Nachrichtenmagazins hat sich abgefunden. Nicht nur mit der Personalie Blome, sondern auch mit der unheimlichen und ungesunden inhaltlichen Einigkeit der beiden einflussreichsten deutschen Printmedien. Ob Wulff, Steinbrück oder Putin - worauf sich die »Bild« einschießt, das nimmt allzu oft auch der »Spiegel« aufs Korn.

Im Fall Wulff heißt das für den »Spiegel«, nun eisern die Linie zu halten, nach der juristische Kriterien zur Beurteilung nicht ausreichen: »Wulff spart aus, dass es bei seinem Sturz nicht nur um strafrechtlich relevante Vorwürfe ging - sondern auch um eine Reihe von Vorwürfen, die ihn politisch unter Druck setzten.« Also um - von Blome bei »Spiegel« und »Bild« definierte - Moral.

Als Wulff 2012 trotz Blomes Trommelfeuer noch nicht zurückgetreten war, schrieb der: »In Zukunft gilt: Zurücktreten muss ein hochrangiger Politiker nur dann, wenn sich einer findet, der ihn regelrecht rauswirft.« Das hat Blome dann gleich selber übernommen.