Polizei kriminalisiert Naziblockierer

Düsseldorfer Landtag arbeitet versuchten Rathaussturm auf

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
NRW-Innenminister Ralf Jäger steht wegen eines Ministeriumberichts zum Sturm aufs Dortmunder Rathaus unter Druck. Darin werden vor allem jene kritisiert, die sich den Nazis entgegenstellten.

Der Nazi-Sturm auf das Dortmunder Rathaus Ende Mai, der Polizeieinsatz und vor allem der von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) präsentierte Bericht dazu werden wohl ein längeres parlamentarisches Nachspiel haben. Das wurde auf der emotionalen Sitzung des Landtagsinnenausschusses am Donnerstag deutlich.

Parlamentarier von Grünen und Piraten nahmen die Polizisten in Schutz, zeigten sich aber über den Bericht empört. Dieser verharmlose Nazigewalt und stelle die Blockierer in eine gewaltsame Ecke. Scharfmacher von CDU und FDP setzten dagegen die Nazis mit Antifa-Aktivisten gleich und sahen es als eigentliches Problem, dass sich Lokalpolitiker und Linke den angreifenden Nazis mit »nicht rechtsstaatlichen Mitteln« in den Weg stellten. SPD-Leute schwankten zwischen beiden Positionen und versuchten, Minister Jäger aus der Schusslinie zu bekommen.

Am Abend des 25. Mai, dem Tag der Europa- und der NRW-Kommunalwahl, hatten sich gut einhundert Politiker von Grünen, LINKEN, SPD, Piraten, aber offenbar auch aus dem CDU/FDP-Lager 30 Schlägern aus dem Umfeld der Nazi-Partei »Die Rechte« in den Weg gestellt. Die Braunen traktierten die Blockierer mit Fäusten, Flaschen und Pfefferspray. Die Polizei rückte spät und zunächst schwach an. Ihrer Führung wird eine völlig falsche Einschätzung der Gefährdungslage vorgeworfen.

Am Dienstag legte Jäger den Bericht vor, der auf Basis von Polizistenangaben den Blockierern Gewalt, Alkoholisierung, versuchte Einflussnahme auf den Einsatz und eskalatives Verhalten vorwirft, ohne dass die Nazis friedlich geblieben wären. 22 Lokalpolitiker wehrten sich dagegen mit einer Erklärung. SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Römer reagierte »mit sehr viel Empörung« auf das Papier. LINKE-Landeschefin Özlem Demirel warf Jäger vor, er stigmatisiere Nazigegner, darunter SPD-Parteifreunde. Jäger steht auch unter Druck der mitregierenden Grünen.

Der Minister kritisierte die Form, nicht aber den Inhalt des Berichts, nannte ihn eine »subjektive Darstellung«, warnte vor böswilligen Interpretationen und lieferte äußerst gutwillige Interpretationen, stellte sich erst nach Aufforderung von CDU und FDP vor seine Polizei und zeigte sich trotz erkennbarer Symptome von Gereiztheit offen für Kritik. Gleichwohl denke er »nicht eine Sekunde« darüber nach, politischen Einfluss auf Berichte zu nehmen. Die Blockierer hätten Gutes gewollt, müssten sich aber fragen, ob sie auch Gutes getan hätten, betonte der Minister. Die Polizei müsse nach Recht und Gesetz handeln. Auch wenn es um Nazis gehe.

Derweil betonte der ranghöchste NRW-Polizist Dieter Wehe: Hätte die Mannschaftsstärke der Polizei ausgereicht, so wäre die Blockade aufgelöst und den 30 Nazis der Zutritt zum Rathaus ermöglicht worden.

Viele Vorwürfe sind noch ungeklärt. Es gilt als ausgemacht, dass auch SPD-Landesvorstand Franz-Josef Drabig versucht haben soll, die Polizei zu einem härteren Vorgehen gegen die Angreifer zu motivieren. Offenbar wird auch sein Verhalten strafrechtlich überprüft.

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