Fraktionslose im Nachteil

Nur bei den Bezügen sind Abgeordnete gleich gestellt

  • Katharina Strobel
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Europaabgeordnete, die weiter von Brüssel entfernt leben - in Zypern oder im Baltikum zum Beispiel - kann die Arbeit im Europäischen Parlament schon mal zu einer körperlichen Herausforderung werden. Jeden Monat nehmen sie zum Teil große Reisestrapazen auf sich, um nach Straßburg und Brüssel zu kommen, aber auch regelmäßig in ihren Heimatländern zu sein. Dafür erhalten die EU-Abgeordneten jedoch eine stattliche Kompensation.

Bei den Bezügen werden alle EU-Volksvertreter gleich behandelt. Auf ihre Rechte im Parlament trifft das nicht zu. Fraktionslose fahren deutlich schlechter. Sie dürfen keine Ämter in den Ausschüssen bekleiden. Im Plenum dürfen sie keine Änderungsanträge und keine mündlichen Anfragen an die EU-Kommission stellen. Außerdem verfügen sie über weniger Mitarbeiter als ihre Kollegen in den Fraktionen. Jeder Fraktion stehen nämlich Mittel für eigene Mitarbeiter zu. Auch wenn die Fraktionschefs und der Parlamentspräsident zu regelmäßigen Sitzungen zusammenkommen, um Strategien zu besprechen, sind Fraktionslose außen vor.

Die Einschränkungen treffen im neunten EU-Parlament auf 52 Abgeordnete zu. Es ist aber noch nicht ausgeschlossen, dass sich einige von ihnen noch zu einer politischen Gruppe zusammenfinden, etwa die Rechtsradikalen um die französische Front National und Geert Wilders Partei PVV. Voraussetzung dafür ist eine Mindestanzahl von 25 Abgeordneten, die aus sieben Mitgliedsstaaten kommen müssen.

Vor fünf Jahren wurde der Verdienst der Abgeordneten neu geregelt und damit die Vertreter aller Länder finanziell gleich gestellt. Bis dahin erhielten die Politiker das, was ihre Kollegen in den jeweiligen nationalen Parlamenten in den Mitgliedsstaaten verdienten. Das führte zu immensen Gehaltsunterschieden. Laut dem 2009 in Kraft getretenen »einheitlichen Statut« erhalten die Abgeordneten nun pro Monat 8020 Euro vor Steuern und 6250 Euro nach Abzug einer EU-Steuer. Hinzu kommt eine Pauschalvergütung von 304 Euro pro Tag (eine Anwesenheitsliste beugt Missbrauch vor). Das Geld ist für Unterkunft und Verpflegung gedacht. Sind Abgeordnete nur einen halben Tag anwesend, wird das Tagegeld halbiert.

Für ihre Büros in den Heimatländern und deren Organisation gibt es eine monatliche Vergütung von 4299 Euro. Die Reisekosten nach Straßburg, Brüssel und in die Heimat werden den Abgeordneten erstattet (Businessclass im Flugzeug oder erste Klasse in der Bahn). In Brüssel und Straßburg steht ihnen ein Fahrdienst zur Verfügung. Zwei Drittel ihrer Ausgaben für medizinische Versorgung bekommen die Mitglieder des Parlaments bezahlt. Zudem haben sie mit Vollendung des 63. Lebensjahrs Anspruch auf Versorgungsbezüge.

Als Gegenleistung sind die Abgeordneten stark eingebunden. Einmal im Monat haben sie Sitzungswoche im Straßburger Plenum. Die restliche Zeit verbringen die meisten von ihnen in Brüssel, wo die Ausschüsse tagen, in denen die Gesetzesvorlagen diskutiert und verändert werden. Und wo sie Lobbyvertreter aufsuchen. Auch die Fraktionen kommen dort regelmäßig zusammen.

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