Kein Blatt für Diplomaten

»Hersbrucker Zeitung« komplett in Franken-Dialekt

  • Teresa Tropf, Nürnberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn Bernd Regenauer über den fränkischen Dialekt spricht, klingt es, als rede er über einen Freund: »Weich kann er sein, aber auch hart und fordernd«, sagt der Kabarettist aus Nürnberg. Vor allem aber sei die Wortwahl immer sehr direkt. »Der Franke ist nicht unbedingt der Chefdiplomat in Deutschland«, kommentiert Regenauer. Aber: Wenn er jemanden ins Herz geschlossen habe, dann sei das meist eine Liebe fürs Leben. Das ist für Regenauer auch der fränkische Dialekt - und mit seinem Wissen und Können half er der »Hersbrucker Zeitung«, den Lokalteil der jüngsten Samstagsausgabe komplett ins Fränkische zu übersetzen.

Anlass war der »Tag der Franken«, ein noch junger Festtag, der jedoch auf ein historisches Datum zurückgeht: Das Bürgerfest erinnert seit acht Jahren an die Gründung des fränkischen Reichskreises im Jahr 1500. Der Tag soll auch der Mundart zu Gute kommen, und Zeitungsausgaben in Dialekt kommen gut an bei Lesern.

Der Münchner »tz« bescherte eine Dialektversion Anfang des Jahres einen Anstieg der Auflagenzahl um mehr als zehn Prozent. 90 Prozent der Leserreaktionen seien zustimmend gewesen. Trotzdem entschuldigt sich Susanne Will, Chefredakteurin der »Hersbrucker Zeitung«, schon mal vorzeitig bei allen Lesern: »Der fränkischer Dialekt ist unheimlich vielfältig. Wir werden es nicht allen recht machen können!«

Mit der Aussage bestätigt sie übrigens eine Eigenheit der Franken: »Der Franke ist vorsichtshalber Pessimist, um Niederlagen vorzubeugen«, scherzt Dolmetscher Regenauer. In der Redaktion sei er beim Übersetzen nun einen Mittelweg gegangen. »Das Fränkische wechselt alle zehn Kilometer«, sagt er. »Jeder Ortschaft kann ich es nicht recht machen.« Hilfe ist ihm sein Wörterbuch »Fränkisch für Anfänger«, das im Langenscheidt Verlag erschienen ist. Während der Recherche hat er in der fränkischen Seele vorgefühlt. Den ureigenen Wortschatz beziffert der Autor auf mehrere hundert Wörter.

Einige der Beiträge in der Lokalausgabe sollten nicht nur auf Fränkisch erscheinen, sondern die Mundart auch zum Inhalt haben. Auch die Gegner des Zungenschlags kommen zu Wort: Der Trompeter und Texter der oberpfälzischen Kabarettgruppe »Altneihauser Feierwehrkapell'n« durfte in einem Gastbeitrag über den fränkischen Dialekt als »Zungenfehlstellung« herziehen. Dafür unterstützten aber alle Anzeigenkunden die Aktion voll: Ein Bestattungsunternehmen titelt zum Beispiel in seiner Annonce: »A schääne Laich!«

Vom Aussterben bedroht sieht Übersetzer Regenauer seinen Lieblingsdialekt noch lange nicht. »Natürlich wird manches vermischt und vermanscht. Es ändert sich vieles, dadurch dass die Welt mobil wird. Im Kern macht das aber nichts aus«, sagt er. In der Redaktion der »Hersbrucker Zeitung« hat man sogar eine Tendenz zur Regionalisierung festgestellt. Angesichts der immer globaler werdenden Welt seien die Menschen bestrebt, im Regionalen ihre Heimat zu finden. So werde wieder viel mehr Wert auf Heimatprodukte gelegt, kommentiert Will. »Aber natürlich verschwindet beispielsweise aus den Schulen der Dialekt zunehmend.« Manche Wörter tendieren laut Will in Richtung Aussterben.

Urfränkisch in Reinform bekommt man laut Regenauer vor allem noch in den ländlichen Wirtshäusern außerhalb der Metropolregion zu hören. Um die Mundart zu konservieren, müsse man sie aber weiterhin liebevoll pflegen: »Das eine schließt das andere nicht aus«, sagt er - auf Hochdeutsch. dpa/nd

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