Stehen die Piraten vor der Spaltung?

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Zwischen der Berliner Piratenpartei und dem Bundesverband gibt es heftigen Streit. Inzwischen diskutiert der Landesverband sogar eine Abspaltung - Ausgang ungewiss.

Wenn bei den Piraten der Haussegen schief hängt, müssen Interessierte nicht erst das Hinterzimmergespräch suchen, um etwas über die Gefühlslage der Parteimitglieder zu erfahren. Es reicht, den Kurznachrichtendienst Twitter aufzurufen, denn Transparenz gilt für viele Piraten auch in schlechten Zeiten. Der sich nun abzeichnende Vorstoß könnte die Partei im wahrsten Sinne des Wortes spalten: Mehrere Mitglieder wollen im Landesvorstand auf einer seiner nächsten Sitzungen einen Antrag einbringen, der dazu auffordert, die Bedingungen für eine mögliche »Herauslösung« oder »Ausgründung« des Berliner Verbandes aus der Partei auszuloten. Der Antrag ist für jeden auf der von den Piraten genutzten Diskussionsplattform »LiquidFeedback« seit Montag einsehbar und wird dort diskutiert.

Ein Schnellschuss einiger Parteimitglieder ist dieser Vorstoß indes nicht: Der Antrag listet detailliert Fragen auf, etwa ob ein herausgelöster Landesverband für die nächste Abgeordnetenhauswahl Unterschriftenlisten benötigen würde und wie es um dessen finanzielle Mittel bestellt wäre. Zur Antragsbegründung heißt es, spätestens seit dem letzten Bundesparteitag Ende Juni in Halle (Saale) werde eine Abspaltung der Berliner Piraten aus dem Bundesverband diskutiert, weshalb die Debatte auf einer sachlichen Faktenlage geführt werden müsse.

Wie schlecht die Stimmung zwischen der Bundespartei und dem Landesverband tatsächlich ist, illustrieren mehrere Statements von Mitgliedern im Internet, etwa des Berliner Abgeordneten Simon Kowalewski, der den Außerordentlichen Parteitag auf seiner Website als »völlig frei von jeglicher politischer Arbeit« bezeichnet. Die Stimmung auf dem Treffen war hochgekocht, nachdem der Berliner Landesvorsitzende Christopher Lauer aufgrund eines Formfehlers bei der Wahl zum Politischen Geschäftsführer durchgefallen war. Gegenüber »nd« bestätigt der Berliner Abgeordnete Oliver Höfinghoff das Zerwürfnis zwischen der Bundespartei und Teilen des Berliner Landesverbandes. »Der Außerordentliche Parteitag hat deutlich gezeigt, wie tief die Gräben sind. Ich kann inhaltlich auch keine Schnittmenge erkennen, die groß genug wäre, um ein Wir zu generieren.« Höfinghoff und, wie er erklärt, die Mehrheit der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus sprechen sich deshalb für eine Abspaltung des Berliner Landesverbandes aus.

Wie weit diese Loslösung am Ende konkret gehen soll, ist unklar. »Wir stehen da grad am Anfang«, erklärt Höfinghoff. Theoretisch vorstellbar sind ebenso eine weitere Zusammenarbeit bei Bundestagswahlen, etwa vergleichbar mit dem Modell von CSU und CDU, als letztlich auch eine vollkommen von den Piratenpartei losgelöste Neugründung.

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