Bundeswehr im Osten die Nummer eins

Seit 2004 siedelten sich in den neuen Ländern überwiegend militärische Einrichtungen an

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die LINKE wollte in einer Anfrage von der Regierung wissen, welche Neuansiedlungen von Einrichtungen der Bund in den letzten Jahren veranlasste. Und siehe da: Das Militär liegt ganz vorn.

In strukturschwachen Regionen ist es oft der Staat, der durch eine kluge Ansiedlungspolitik - etwa von Behörden oder Forschungseinrichtungen - dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen kann. Nach der Wende konnte der Bund so zumindest einige Standorte in Ostdeutschland vor dem totalen Absturz retten. In einer Anfrage wollte der Ost-Koordinator der Linksfraktion, Roland Claus, von der Bundesregierung wissen, welche neuen Bundes- und EU-Einrichtungen seit Januar 2004 in Ost und West angesiedelt wurden.

Das Bundesinnenministerium stellte daraufhin eine entsprechende Liste zusammen, die dem »nd« nun vorliegt. Demnach entstanden im Osten der Republik fast ausschließlich militärische Einrichtungen. Sechs von neun Projekten kamen von der Bundeswehr. Lediglich ein IT-Dienstleistungszentrum in Thüringen, der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin und die Ansiedlung der Stiftung Datenschutz in Sachsen hatten keinen militärischen Charakter.

Zwar verzeichnet die Liste im Westen ebenfalls zahlreiche neue Standorte der Bundeswehr, aber es wurden auch deutlich mehr zivile Projekte gefördert. Etwa die Neuansiedlung der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt oder die Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen. Östlich der Elbe hingegen investierte man in ein »Marinekommando«, ein »Logistikkommando der Bundeswehr« oder das »Kommando Heer«.

Ohnehin befinden sich die Standorte der Kommandos der drei Teilstreitkräfte allesamt im Osten der Republik. Wenn auch das Kommando Luftwaffe in Berlin-Gatow und damit im Westteil der Stadt sitzt. Die Führung der Marine residiert in Rostock und die der Heeresspitze im brandenburgischen Strausberg.

Kritik an dieser Schwerpunktsetzung kommt vom Ost-Koordinator der Linksfraktion im Bundestag, Roland Claus. »Es ist bezeichnend, dass bei den Neuansiedlungen des Bundes im Osten vor allem das Militär zum Zuge kommt.« Dass die Bundeswehr in den ostdeutschen Ländern einer der größten Arbeitgeber sei, zeige auch deutlich, wie sehr die Politik versagt habe. »Statt gut bezahlter Arbeitsplätze in Forschung und Industrie bietet sich den jungen Leuten hier oftmals nur die Bundeswehr als Arbeitgeber«, so Claus gegenüber dieser Zeitung.

Im Bundesverteidigungsministerium kennt man die neuen Zahlen aus der LINKEN-Anfrage nicht. »Wir siedeln unsere Standorte aber dort an, wo wir sie brauchen«, sagte ein Bundeswehrsprecher dem »nd«. Grund für die vielen neuen Projekte von Heer, Luftwaffe und Marine könnten auch die Strukturreformen sein, denen sich das Militär in den letzten Jahren unterzogen habe, so der Sprecher weiter.

Die Bundeswehr ist im Osten einer der größten Arbeitgeber. Der »Bericht zum Stand der deutschen Einheit« aus dem Jahr 2013 unterstreicht die »besondere Bedeutung« des Militärs für die ostdeutsche Wirtschaft. »Gemessen an der Bevölkerungszahl wird die Bundeswehr nach Umbau des gesamten Personalkörpers im Jahr 2017 ( ...) als Arbeitgeber in den ostdeutschen Bundesländern besonders stark vertreten sein«, heißt es dort.

Das spiegelt sich auch in anderen Statistiken wieder: Im Jahre 2010 waren von den 6391 Soldaten im Auslandseinsatz 3143 ostdeutscher Herkunft, also fast 50 Prozent. Dabei beträgt der Anteil der Ostdeutschen an der Bevölkerung nur knapp 20 Prozent.

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